geboren am 13. Juli 1927, gestorben am 30. Juli 2017
Simone Veil wurde als Simone Jacob in Nizza als Tochter des jüdischen Architekten André Jacob und seiner Frau Yvonne (vormals Steinmetz) geboren. Als Sechzehnjährige wurde sie im März 1944 aus dem bis dahin von der italienischen Besatzung gegen die deutsche Gestapo abgeschirmten Nizza in die Konzentrationslager Auschwitz und Bergen-Belsen verschleppt, wo sie die Befreiung durch britische Truppen im April 1945 erlebte. Ihre Eltern und ihr Bruder kamen im Holocaust um, lediglich ihre drei Schwestern konnten überleben.
Nach dem Krieg studierte Simone Veil Jura an der Sorbonne und erwarb ein Diplom an der Hochschule für politische Studien in Paris, wo sie ihren späteren Mann, Antoine Veil, mit dem sie seit 1946 verheiratet ist, kennen lernte. 1956 legte sie erfolgreich die Prüfung zur Richterin ab.
Ihren Berufsweg begann Simone Veil 1957 im französischen Justizministerium (bis 1968), wo sie anfangs im Bereich der Strafvollzugsverwaltung und später v.a. mit der Reform des Familienrechts beschäftigt war. Zwischen Juli 1969 und Februar 1978 fungierte sie als Fachberaterin des französischen Justizministers René Pleven für Fragen des Zivilrechts, Justizberufe und die Beziehungen zur Presse. 1970 übernahm sie die Stelle der Generalsekretärin des Obersten Richterrates, der höchsten Verwaltungsinstanz der französischen Richter*innen.
1974 berief Präsident Valéry Giscard d´Estaing Simone Veil als Parteilose in die Regierung von Jacques Chirac. Mitglied der Regierung blieb Veil bis 1979 (1974 bis 1978 war sie Gesundheitsministerin, ab 1977 zugleich Ministerin für Soziale Sicherheit, 1978 bis 1979 Ministerin für Gesundheit und Familie). Zur populären Politikerin entwickelte sich Veil bereits während ihrer ersten Amtszeit. Zu ihren politischen Erfolgen zählen u.a. eine Reform des Abtreibungsrechts, der Numerus clausus für Medizin, die Erweiterung des Mutterschutzes und der Beginn der Krankenhausreform.
Im Frühjahr 1979 kandidierte Simone Veil als Spitzenkandidatin der Giscardisten für die ersten Direktwahlen zum Europaparlament. Nach der Wahl wurde sie von der liberalen Gruppe als Kandidatin für das Amt der Präsidentin des Europaparlaments aufgestellt und am 17. Juli 1979 mit 192 Stimmen im zweiten Wahlgang gewählt. Damit wurde Veil, die sich nachdrücklich für eine Stärkung der Rolle und der Kompetenzen des Europäischen Parlaments einsetzte, für zweieinhalb Jahre die erste Frau, die dem Europaparlament vorstand. Mitglied des Europäischen Parlaments, in dem sie verschiedene Funktionen ausübte und auch der liberalen Fraktion vorstand, blieb Veil bis 1993.
1993 kehrte sie in die französische Regierung zurück, wo nach den März-Wahlen eine bürgerliche Regierung unter Edouard Balladur gebildet wurde. Veil übernahm das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Stadtpolitik und erhielt protokollarisch den ersten Rang nach dem Premierminister. Nach den Wahlen vom 7. Mai 1995, denen Jacques Chirac als neuer Staatspräsident folgte, schied Simone Veil aus der Regierung aus. 1998 wurde sie zum Mitglied des Verfassungsrates ernannt.
Simone Veil wurde zur Ehrenpräsidentin der „Weltvereinigung der Überlebenden des Holocaust“ und zur Ehrendoktorin zahlreicher Universitäten ernannt. 1981 erhielt sie den „Europäischen Karlspreis“, zahlreiche weitere Ehrungen und Preise folgten.
Ein besonderes Anliegen war und ist für Simone Veil als Holocaust-Überlebende die Versöhnung, auch zwischen Deutschland und Frankreich. In frauenpolitischer Hinsicht hat sie wiederholt die Möglichkeit zum legalen Schwangerschaftsabbruch (auch als loi Veil bezeichnet) als eine ihrer wichtigsten politischen Errungenschaften bezeichnet.
Quellen
- Veil, Simone (2007): Une Vie. Paris: Stock.
- Veil, Simone (2009): Und dennoch leben. Die Autobiographie der großen Europäerin. Berlin: Aufbau.
- Meister, Ulrich (1991): Simone Weil, Europapolitikerin. folio.nzz.ch/1991/august/simone-veil-europapolitikerin (02.04.2021).