Am 2. August wird jährlich der letzten im NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau verbliebenen 2.897 Sinti und Roma gedacht, die in dieser Nacht des Jahres 1944 von der SS ermordet wurden. In Erinnerung an die insgesamt 500.000 Sinti und Roma, die im nationalsozialistisch besetzten Europa ermordet wurden, erklärte das Europäische Parlament 2015 diesen Tag zum Europäischen Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma (vgl. Europäischer Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma). Bis es jedoch zur Einführung des Gedenktages und einer Anerkennung der systematischen Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma als Völkermord kam, verstrichen einige Jahrzehnte (vgl. Meyer 2013: 10).
Verschiedene Gruppen wie unter anderem Roma, Sinti, Lovara, Kalderasch, Jenische, Manouches, Kalé, Romanichal Travellers, Resande wurden und werden immer noch als „Zigeuner“ bezeichnet und verfolgt. Roma bedeutet in der Minderheitensprache Romanes „Menschen“. „Zigeuner“ jedoch ist eine von Vorurteilen überlagerte Fremdbezeichnung, die von den meisten Angehörigen der Minderheiten als diskriminierend abgelehnt wird (vgl. Peritore 2005: 1126f.). Die in diesem Kontext stehende, von Stereotypen, Abneigung und Feindseligkeit geprägte Einstellung und Haltung gegenüber Sinti und Roma wird als Antiziganismus bezeichnet. Noch heute existiert Antiziganismus in unserer gesamten Gesellschaft als historisch gewachsene Herausforderung. Der Antiziganismusbegriff, der von Markus End im Zuge seiner Studie zu Antiziganismus in der deutschen Öffentlichkeit definiert wurde, umfasst
- eine auf verallgemeinerte Eigenschaften reduzierte Wahrnehmung und Darstellung dieser Gruppen;
- bestimmte (negative) Fremdzuschreibungen an diese Gruppen,
- ein vor diesem Hintergrund entstehendes diskriminierendes und auch gewalttätiges Verhalten, das herabsetzend und ausschließend ist und strukturelle Ungleichheit hervorbringt (vgl. End 2014: 23f.).
Im Folgenden sollen einige Voraussetzungen angesprochen werden, die zum Völkermord an den Sinti und Roma führten. Die Geschichte des Antiziganismus reicht bis zur Einwanderung der Sinti und Roma nach Europa im 15. Jahrhundert zurück. Um den Begriff „Zigeuner“ entwickelte sich das von Abneigung und Feindseligkeit geprägte Bild, dass „die Zigeuner“ kriminell, betrügerisch und unmoralisch seien. An ehrlicher Arbeit oder einer normalen Lebensweise seien sie nicht interessiert (vgl. End 2011). Diese bis heute existierenden Vorurteile sind damals wie heute unbegründet und haben mit der Lebensrealität der Sinti und Roma nichts gemein. Jedoch führten diese Vorurteile dazu, dass im 17. und 18. Jahrhundert in unterschiedlichen europäischen Ländern Gesetze und Vorschriften eingeführt wurden, die die Ausgrenzung und Vertreibung von Sinti und Roma zum Ziel hatten. Die Roma und Sinti wurden als wanderndes Volk ohne Wurzeln und Herrscher wahrgenommen, was die europäische Bevölkerung dazu veranlasste, sich von ihnen weiter zu distanzieren und sie auszugrenzen. Im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert galt diese auf Stereotypen beruhende vorgebliche Lebensweise der Sinti und Roma immer mehr als „rückständig“, und die Vorstellung von „reinen“ Nationen wurde immer größer. In dieser Vorstellung hatten Sinti und Roma keinen Platz. Sie wurden unbegründet aufgrund ihrer Herkunft als Verbrecher*innen gesehen, was dazu führte, dass bereits während des ersten Weltkrieges in Europa unterschiedlichste Polizeibehörden den Auftrag bekamen, Sinti und Roma zu erfassen und zu beobachten, um so der sogenannten „Zigeunerplage“ entgegenzuwirken. Diese Geschichte der Ausgrenzung über Jahrhunderte kann auch als Voraussetzung für den Völkermord an den Sinti und Roma durch den Nationalsozialismus gesehen werden.
Die Zahl der ermordeten Sinti und Roma in der Zeit des Nationalsozialismus wird auf ca. 500.000 Menschen geschätzt. Schon während der Weimarer Republik wurde das sogenannte „Zigeuner- und Arbeitsscheuengesetz“ beschlossen, das Sinti und Roma dazu zwang, sesshaft zu werden. Noch vor Kriegsbeginn wurden auf Grundlage mehrere weiterer Gesetze und Erlässe, wie das „Reichsbürgergesetz“ oder der „Erlass zur Bekämpfung der Zigeunerplage“, Sinti und Roma in Deutschland immer weiter ausgegrenzt. Ihnen wurde die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, der Besuch von Lokalen, Kinos, Theatern oder Konzertsälen und der Einkauf in Geschäften verboten. Vermieter*innen durften keine Mietverträge mit Sinti und Roma abschließen und mussten bestehende lösen. Darüber hinaus wurde ihnen die Behandlung in Krankenhäusern, der Schulunterricht und das Studieren an einer Hochschule untersagt (vgl. Peritore 2005: 1117). Ab 1936 wurden die ersten sogenannten „Zigeunerlager“ in Deutschland errichtet, und ab 1937 bekamen die Behörden unter dem Deckmantel des „Asozialenerlasses“ die Kompetenz, Sinti und Roma in Konzentrationslager einzuweisen.
In Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei und der Rassenhygienischen Forschungsstelle, die Untersuchungen, Sterilisationen und Experimente an den Sinti und Roma durchführte, wurden im „Zigeunersippenarchiv“ sogenannte „Sippentafeln“ angelegt, um die knapp 30.000 in Deutschland lebenden Sinti und Roma zu erfassen. In den folgenden Jahren wurden die systematisch erfassten Sinti und Roma in Konzentrationslager deportiert oder zu Zwangsarbeit verpflichtet. Der gesamte Besitz der Menschen – Häuser und Grundstücke, Schmuck und Barvermögen, der zurückgebliebene Hausrat – wurde von den Finanzbehörden als staatsfeindlich beschlagnahmt. Im Konzentrationslager Ausschwitz-Birkenau wurde 1942 ein eigener Lagerabschnitt für Sinti und Roma errichtet, der völlig überfüllt war. Bereits in den ersten Monaten starben mehr als 10.000 Insassinnen und Insassen an Hunger, Seuchen, Misshandlungen oder medizinischen Experimenten (vgl. Sparing 2011).
Im Mai 1944 wurde befohlen, die verbleibenden 6.000 Sinti und Roma in Auschwitz-Birkenau durch Gas zu ermorden, was jedoch an einem Aufstand der Häftlinge scheiterte. Unter ihnen waren viele ehemalige Wehrmachtssoldaten, die zuvor aus „rassenpolitischen Gründen“ als „Zigeuner“ oder „Zigeunermischling“ tituliert aus der Wehrmacht ausgeschlossen worden waren. Sie bewaffneten sich mit Werkzeugen und verbarrikadierten sich in den Baracken des Konzentrationslagers. Dies führte dazu, dass diese Insassen in Folge des Aufstands als „arbeitsfähig“ eingestuft und in Arbeitslager gebracht wurden, um sie durch Arbeit und Erschöpfung zu ermorden. Etwa 2.900 Sinti und Roma, vor allem alte, kranke Menschen und Kinder blieben in Auschwitz-Birkenau zurück. Am 2. August 1944 wurde das Lager aufgelöst und im Zuge dessen alle Insassinnen und Insassen in den Gaskammern ermordet (vgl. Peritore 2005: 1121).
Das Institut für Konfliktforschung zeigt in der Wanderausstellung „asozial“ eine Sammlung an Texten und Dokumenten in österreichischen Quellen, die sich auf die damalige und aktuelle (politische) Situation in Österreich beziehen. Zudem wurden Unterrichtsmaterialien zur Wanderausstellung entwickelt, die unter folgendem Link erreichbar sind: www.ravensbrueckerinnen.at/?page_id=7085
Über den Völkermord an den Sinti und Roma wurde lange geschwiegen, er wurde als solcher nicht anerkannt. Entschädigungszahlungen an Überlebende wurden nicht ausgezahlt, da die Restitutionssbehörden Sinti und Roma häufig als „asozial“ inhaftierte Menschen und nicht als NS-Verfolgte einstuften. Oft waren es dieselben Beamtinnen und Beamten, die zuvor bei den „Dienststellen für Zigeunerfragen“ der Kriminalpolizei tätig waren, die in den Nachkriegsjahren Gutachten über ihre eigenen Entscheidungen der Verfolgungsmaßnahmen anfertigen sollten (vgl. Sparing 2011). In den 1980er Jahren änderte sich der Umgang mit der Erinnerung an den Völkermord an den Sinti und Roma in Deutschland, was zu großen Teilen durch die Bürger*innenrechtsbewegung und das Formieren eines Zentralrats deutscher Sinti und Roma bewirkt wurde. Erst 1982 wurde der Völkermord als solcher von Bundeskanzler Helmut Schmidt anerkannt. Im Jahr 1989 wurde in der burgenländischen Stadt Oberwart/Felsöör der erste Romaverein Österreichs gegründet, 1991 folgten die Gründungen des Kulturvereins österreichischer Roma sowie des Vereins Romano Centro in Wien. Die Anerkennung als Volksgruppe in Österreich, die den Roma und Sinti 1976 noch verwehrt worden war, wurde 1993 vom österreichischen Parlament beschlossen. Zuvor hatten Historiker*innen durch eine Ansiedlungsurkunde aus dem Jahr 1674 die ununterbrochene Anwesenheit von Roma in Österreich nachweisen können (vgl. Zentrum Polis 2019: 11f.). Am 2. August 1994 trafen sich erstmals Vertreter und Vertreterinnen der Roma und Sinti aus ganz Europa auf dem Gelände des ehemaligen deutschen Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, um in einer Gedenkfeier der Ermordung der Inhaftierten des aufgelösten „Zigeunerlagers“ zu gedenken. Wiederum mehr als zwei Jahrzehnte später beschloss das Europäische Parlament, den 2. August zum jährlich stattfindenden Tag des Gedenkens an den Völkermord an den Sinti und Roma während des Zweiten Weltkriegs einzurichten (vgl. Europäisches Parlament 2015).
Bis heute sind Vorurteile, Diskriminierung und Ausgrenzung von Sinti und Roma in Europa weit verbreitet. Soziologe Albert Scherr und die wissenschaftliche Mitarbeiterin Lena Sachs des Instituts für Soziologie der PH Freiburg sehen den Grund hierfür unter anderem darin, dass über die rassistische Verfolgung und gegenwärtigen Lebenssituationen von Sinti und Roma in Schulen und Medien kaum gesprochen wird, und Sinti und Roma aus Angst vor Diskriminierung dafür sorgen, dass sie in Schulen oder in der Arbeit nicht erkennbar sind. Scherr und Sachs stufen Sinti und Roma als „unsichtbare Minderheit“ ein (vgl. Scherr/Sachs 2016: 10). Die Historikerin Karola Fings forscht zur Geschichte der heute größten ethnischen Minderheit Europas und sieht das Problem bei der Politik. Sie fordert, dass „sich immer dann, wenn Antiziganismus eine Rolle spielt, tatsächlich auch einmal die Politik zu Wort meldet. Es darf nicht sein, dass nur die Selbstorganisationen von Sinti und Roma darauf hinweisen müssen. Es muss hier zu größeren Bündnissen kommen und es muss eine größere gesamtgesellschaftliche Anstrengung entstehen, dem Antiziganismus entgegenzuwirken“ (vgl. Frings 2020).
Der österreichische Bundespräsident Alexander van der Bellen hielt am 2. August 2020 zum Internationalen Gedenktag an den Genozid an Sinti und Roma eine Gedenkrede, die hier in Auszügen wiedergegeben wird.
„Meine Damen und Herren!
Heute gedenken wir in Auschwitz-Birkenau der schätzungsweise 500.000 Roma und Sinti, die dem nationalsozialistischen Terror in Europa zum Opfer fielen. Heute vor 76 Jahren, am 2. August 1944, wurden die letzten 3 000 Menschen in Auschwitz-Birkenau ermordet. Frauen, Kinder, Säuglinge, Männer, Alte und Kranke. Auschwitz war das letzte Kapitel ihres langen Leidens. […]
Lange Zeit wurde das Schicksal der Roma und Sinti verdrängt, verschwiegen und vergessen. Ihre Kultur ist auch heute noch mit Klischees und Vorurteilen belastet. Die Zeitzeugen unter den Roma und Sinti, die berichten können, wozu Menschen in diktatorischen Zeiten fähig sind, werden immer weniger. […]
Die Menschen sind zunehmend daran interessiert, Gerechtigkeit für die Opfer zu suchen. Denkmäler werden errichtet oder fehlende Roma-Dörfer wieder aufgebaut. Ich selbst war im Januar dieses Jahres bei der Gedenkfeier für die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau am 27. Januar dabei. Der offiziellen Delegation gehörte Manuela Horvath von der Roma-Pastoral unserer Landeshauptstadt Eisenstadt an.
Es war mir sehr wichtig, dieses Zeichen meiner Solidarität mit den Roma und Sinti zu setzen. Der heutige Europäische Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma ist ein wichtiges Zeichen der Solidarität. Wir müssen dafür sorgen, dass Menschenverachtung, Sündenbock[-Politik], Hass und Gewalt nie wieder als politische Instrumente eingesetzt werden.
„Nie wieder!“ Nur so können wir dieses Versprechen wirklich einlösen.“
Der Präsident des Deutschen Bundestages Wolfgang Schäuble hielt am 2. August 2020 zum Internationalen Gedenktag an den Genozid an Sinti und Roma folgende Gedenkrede, die hier in Auszügen wiedergegeben wird.
„500.000 Sinti und Roma fielen während des Zweiten Weltkrieges dem ideologischen Vernichtungswahn der Nationalsozialisten zum Opfer. Sie wurden an den Rand der Gesellschaft gedrängt, öffentlich erniedrigt und diffamiert, ihres Besitzes beraubt, nach rassistischen Kriterien erfasst, zwangssterilisiert, misshandelt, ermordet.
Nach dem sogenannten „Auschwitz-Erlass“ im Dezember 1942 begannen die systematischen Deportationen nach Auschwitz-Birkenau. 23.000 Sinti und Roma aus elf Ländern wurden in das sogenannte „Zigeunerlager“ verschleppt. Nur wenige überlebten. Unter ihnen Sinti und Roma, die sich im Mai 1944 gegen die Ermordung in den Gaskammern gewehrt hatten. Mit Messern, Spaten, Brecheisen und Steinen. Die SS zog ab. Doch das Morden ging weiter.
In der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 tötete die SS die in Auschwitz die noch verbliebenen Sinti und Roma. Mehrere Tausend Frauen, Kinder und alte Menschen. „Das Schreien dauerte bis in die Nacht an“, ist in den Akten des Auschwitzprozesses nachzulesen.
Der 2. August ist für Sinti und Roma ein Tag der Trauer. Ein Tag der Erinnerung an den Porajmos – wie der Genozid in Romanes heißt. Seit 2015 ist der 2. August auch ein Europäischer Gedenktag. Er ist wichtig, um ein öffentliches Bewusstsein über die leidvolle Geschichte der größten ethnischen Minderheit in Europa zu schaffen. Und das ist bitter notwendig. Denn das Wissen über den Völkermord an den Sinti und Roma ist auch heute noch, auch in Deutschland, erschreckend gering.“
Den Internationalen Tag des Gedenkens an den Genozid an Sinti und Roma im Jahr 2020 nahm Manuela Horvath, die Leiterin der Romapastoral (die Abteilung der Diözese Eisenstadt ist zuständig für Seelsorge, Soziales und Erinnerungskultur), zum Anlass, auf antiziganistische Aussagen und Veröffentlichungen des steirischen FPÖ-Vizeklubobmanns Stefan Hermann hinzuweisen:
Gedenken in Wien mit Kritik an FPÖ (Auszug aus einem Zeitungsartikel in Der Standard vom 02.08.2020)
[…] Aufrufe, hinsichtlich Rassismus gegen Roma und Sinti wachsam zu sein, haben auch den am Sonntag in Wien begangenen Gedenktag bestimmt. Auch heute sei noch mehr Bewusstsein in der Zivilgesellschaft über die Situation der Volksgruppe notwendig, forderte die Leiterin der Romapastoral der Diözese Eisenstadt, Manuela Horvath, bei der Veranstaltung am Ceija-Stojka-Platz in Wien-Josefstadt. „Antiziganismus und Romafeindlichkeit sind Themen unserer Gegenwart“, betonte sie. Jeder Einzelne wie auch im Besonderen Politiker sollten bei rassistischen Vorfällen die Stimme erheben und „hinter uns stehen“.
Trotz der schrecklichen Ereignisse sei es bisher nicht immer gelungen, Lehren aus der Vergangenheit für die Gegenwart und Zukunft zu ziehen, bedauerte die selbst aus der Roma-Volksgruppe stammende Theologin. Sie verwies auf ein derzeit in staatsanwaltlicher Prüfung befindliches Video mit Hassaussagen gegen Roma und Sinti, die ein steirischer FPÖ-Mandatar im Internet geteilt hatte, und Beschmierungen wie etwa „Roma raus“.
Die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch hat den steirischen FPÖ-Vizeklubobmann Stefan Hermann wegen Verdachts der Verhetzung bei der Staatsanwaltschaft Graz angezeigt. Die Sachverhaltsdarstellung bezieht sich auf ein von ihm geteiltes Video auf Facebook, bei dem es sich laut SOS Mitmensch um ein „Anti-Roma-Hassvideo“ handle. Darin seien „wüste Beschimpfungen gegen Roma und Sinti“ zu sehen. Christian Kroschl von der Staatsanwaltschaft bestätigte am Mittwoch, dass die Sachverhaltsdarstellung eingelangt ist. Diese werde nun geprüft, allerdings betonte er, dass vorerst noch kein Verfahren eingeleitet wurde. Ob das passiert, sei derzeit noch offen. Seitens der FPÖ Steiermark hieß es, dass die „Anpatzversuche von Linksaußen-NGO SOS Mitmensch nicht ernst zu nehmen“ seien […]“ (Der Standard 2020).
Neben dem Gedenktag an den Genozid an Sinti und Roma geben weitere Tage, wie der jährlich am 8. April stattfindende Internationale Tag der Roma Anlass, um auf die Diskriminierung und Verfolgung hinzuweisen. Des Weiteren wird jährlich im Burgenland am 18. November der etwa 8.000 Opfer des „Zigeunerlagers Lackenbach“ gedacht. In Österreich leben die meisten Roma-Gruppen im Burgenland, wo auch der zentrale nationale Gedenkort der österreichischen Roma zu finden ist: die Gedenkstätte beim ehemaligen „Zigeuner-Anhaltelager“ Lackenbach im Mittelburgenland. Im Jahr 1980 errichteten Jugendliche und Studierende im Rahmen einer Aktionswoche vor einem Kriegerdenkmal eine Attrappe eines Denkmals zum Andenken an die in den Konzentrations- und Vernichtungslagern ermordeten Roma. Dieses Denkmal wurde daraufhin innerhalb einer Nacht mit Farbe übergossen, die Täter*innen blieben unbekannt. 1989 wurde an derselben Stelle ein Gedenkstein für die Oberwarter Opfer des Nationalsozialismus enthüllt und eingeweiht (vgl. Zentrum Polis 2019: 15). Bis heute findet hier jährlich im November eine vom Land Burgenland und dem Kulturverein österreichischer Roma organisierte Gedenkveranstaltung statt (vgl. Land Burgenland 2020).
- Mithilfe von historischen Karikaturen reflektieren die Schüler*innen über Vorurteile und Stereotype in Hinblick auf Roma und Sinti. Dabei können Parallelen zur bildlichen Denunzierung von Jüdinnen und Juden gezogen werden. www.sintiundroma.org/de/einfuehrung/zigeuner-bilder/ oder www.romasintigenocide.eu/de/home/a-d/a8d
- Mithilfe der beiden Reden des österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen und des Präsidenten des deutschen Bundestags Wolfgang Schäuble zum Gedenktag an den Genozid an den Sinti und Roma 2020 sollen die Schüler*innen Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausarbeiten. Welche unterschiedlichen Schwerpunkte werden gesetzt? Die Reden liegen sowohl schriftlich als auch in Videoform vor unter:
Schäuble: www.roma-sinti-holocaust-memorial-day.eu/de/virtual-commemoration-ceremony/wolfgang-schaeuble/
Van der Bellen: www.roma-sinti-holocaust-memorial-day.eu/de/virtual-commemoration-ceremony/alexander-van-der-bellen/
- Auf der Seite www.sinti-roma.com/sintiroma/ns-voelkermord/zeitzeugen/ entscheiden sich die einzelnen Schüler*innen für eine*n Zeitzeug*in. Jede*r sieht sich das entsprechende Zeitzeug*innengespräch an. Die Schüler*innen bilden Gruppen zu ca. 3–4 Personen und stellen den anderen Gruppenmitgliedern ihre Person vor.
- Um sich näher mit der Thematik auseinanderzusetzen, kann diese auch in Form einer Klassenlektüre behandelt werden. Literaturvorschläge finden sich unter www.gew.de/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=51730&token=06f56779f6dbdbde78ef486d87fe49e147318fc7&sdownload=&n=AJuM_Materialheft-53.pdf
Weiterführende Links
- Ausstellung „asozial“ – Unterrichtsmaterialien des IKF
- Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma
- Erasmus+ Projekt „Ethernal Echos“ zum Genozid an Roma und Sinti
- Beitrag zum Internationalen Tag des Gedenkens an den Genozid an Sinti un Roma auf erinnern.at
- Website von erinnern.at zum Schicksal der europäischen Roma und Sinti während des Holocaust
- Europäischer Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma
- Volkshochschule der Burgenländischen Roma: Website „roma_2000“
Quellen
- Der Standard (2020): Holocaust-Gedenken für Sinti und Roma: Warnung vor Menschenverachtung (02.08.2020). www.derstandard.at/story/2000119119175/holocaust-gedenken-fuer-sinti-und-roma-warnung-vor-menschenverachtung (24.01.2021)
- End, Markus (2011): Bilder und Sinnstruktur des Antiziganismus. In: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ 22-23/2011). www.bpb.de/apuz/33277/bilder-und-sinnstruktur-des-antiziganismus?p=all (24.01.2021)
- End, Markus (2014): Antiziganismus in der deutschen Öffentlichkeit. Strategien und Mechanismen medialer Kommunikation (Kurzfassung). Heidelberg: Neumann Druck. www.dokuzentrum.sintiundroma.de/wp-content/uploads/2019/12/140000_Kurzfassung_Studie_Antiziganismus.pdf (24.01.2021)
- Europäisches Parlament (2015): Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. April 2015 zum Inter-nationalen Roma-Tag – Antiziganismus in Europa und Anerkennung durch die EU des Tags des Gedenkens an den Völkermord an den Roma während des Zweiten Weltkriegs (2015/2615(RSP)). www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-8-2015-0095_DE.html (24.01.2021)
- Fings, Karola (2020): Sie wurden erschossen, zu Tode gequält oder vergast. Historikerin Karola Fings über den NS-Völkermord an Sinti und Roma und fortlebenden Rassismus. In: Interview von Anna Ernst in der Süddeutschen Zeitung vom 29.01.2020. www.sueddeutsche.de/politik/voelkermord-sinti-roma-rassismus-interview-1.4775586 (24.01.2021)
- Land Burgenland (2020): Kranzniederlegung beim Mahnmal für Roma und Sinti in Lackenbach, 14.11.2020. www.burgenland.at/news-detail/news/kranzniederlegung-beim-mahnmal-fuer-roma-und-sinti-in-lackenbach/ (24.01.2021).
- Meyer, Gabi (2013): Offizielles Erinnern und die Situation der Sinti und Roma in Deutschland. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
- Peritore, Silvio (2005): Von der Ausgrenzung bis zur Vernichtung. Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma. In: UTOPIE kreativ 182, S. 1115-1131. www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Utopie_kreativ/182/182.pdf (24.01.2021).
- Scherr, Albert/Sachs, Lena (2016): Eine unsichtbare Minderheit. In Sozial Extra 40, 10–13 (2016). www.doi.org/10.1007/s12054-016-0072-6 (24.01.2021)
- Sparing, Frank (2011): NS-Verfolgung von „Zigeunern“ und „Wiedergutmachung“ nach 1945. In: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ 22-23/2011). www.bpb.de/apuz/33275/ns-verfolgung-von-zigeunern-und-wiedergutmachung-nach-1945 (24.01.2021).
- Zentrum Polis (2019): Roma in Österreich. Emanzipation einer Volksgruppe. In: Polis aktuell 8/2019. www.politik-lernen.at/dl/ppsuJMJKomlmMJqx4kJK/pa_2019_8_Roma_in_Oesterreich_web.pdf (24.01.2021)