Reinhard Kamitz (1907-1993) war Wirtschaftswissenschafter und Politiker. 1933 promovierte er an der Hochschule für Welthandel, ab 1936 war er Leiter des Österreichischen Instituts für Konjunkturforschung (stellvertretend für Oskar Morgenstern). Mit der Eingliederung des Instituts in das Berliner Institut für Wirtschaftsforschung im März 1938 wurde er zum Vertreter dessen Leiters, Ernst Wagemann, in Wien. 1939 wechselte er in die Wiener Handelskammer (ab 1943 Gauwirtschaftskammer, ab 1944 Geschäftsführung). Gleichzeitig war er im wissenschaftlichen Bereich tätig: Ab 1938 hatte er eine Lehrbefugnis für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule für Welthandel, 1944 wurde er zum außerplanmäßigen Professor an der Hochschule für Welthandel ernannt.
Kamitz war Mitglied der NSDAP. Das Ende des NS-Regimes bedeutete das vorläufige Ende seiner Lehrtätigkeit. Ab 1945 war Kamitz Referent für volkswirtschaftliche Fragen an der Wiener Handelskammer, ab 1948 Leiter der wirtschaftspolitischen Abteilung der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, ab 1950 stellvertretender Generalsekretär der Bundeskammer und von 1952 bis 1960 parteiloser Finanzminister. Gemeinsam mit Julius Raab entwickelte er die Wirtschaftspolitik des „Raab-Kamitz-Kurses“, die unter anderem zur Stabilisierung der österreichischen Währung, zur Vollbeschäftigung und zur Entwicklung des Wohlfahrtsstaats beitrug. 1960-1968 war Kamitz Präsident der Österreichischen Nationalbank, ab 1960 Honorarprofessor für Volkswirtschaftslehre, Volkswirtschaftspolitik und Finanzwissenschaft an der Universität Wien.
Quellen: https://austria-forum.org/af/AEIOU/Kamitz%2C_Reinhard (Stand 23.03.2022); Der Falter, Nr. 27/2005; Herbert Dachs u.a. (Hg.), Die Politiker. Karrieren und Wirken bedeutender Repräsentanten der Zweiten Republik, Wien 1995.