Station 6

Die Zweite Republik

Die Zweite Republik wurde 1945 gegründet – sie existiert bis heute.

1955 war ein wichtiges Jahr für die Zweite Republik: Der Staatsvertrag wurde unterzeichnet und damit die volle Unabhängigkeit Österreichs hergestellt, und das Gesetz über die Neutralität beschlossen. Das hängt auch mit dem jährlich gefeierten Nationalfeiertag zusammen:

Der österreichische Nationalfeiertag

In der Ersten Republik wurde der 12. November, der Tag der Ausrufung der Republik, als Staatsfeiertag festgelegt. Viele identifizierten sich aber nicht damit, besonders die Arbeiter*innenbewegung befürwortete den Tag und die damit gefeierte Staatsform der demokratischen Republik (siehe Station 1).

Nach der Unterzeichnung des Staatsvertrags und dem Beschluss des Gesetzes über die Neutralität Österreichs 1955 wurde zuerst der „Tag der Fahne“ gefeiert. Dafür wurde der 26. Oktober gewählt, an dem 1955 die Neutralität beschlossen worden war. Der Tag war aber weder schul- noch arbeitsfrei und in der Öffentlichkeit wenig präsent. 1965 wurde der 26. Oktober daher zum Nationalfeiertag erklärt, ab 1967 hat man an diesem Tag frei.

Artikel „Zur Geschichte des österreichischen Nationalfeiertags“

Worauf könnten die unterschiedlichen Bezeichnungen „Staatsfeiertag“ und „Nationalfeiertag“ hinweisen?

Neutralität

Die 1955 gesetzlich beschlossene Neutralität legt fest, dass Österreich keinen Militärbündnissen beitritt und keine fremden Stützpunkte auf seinem Gebiet gestattet; Österreich würde sich also im Fall eines Krieges zwischen zwei Staaten nicht einmischen und für eine Seite Partei ergreifen. Die Sowjetunion machte die Neutralität zur Bedingung für die Unterzeichnung des Staatsvertrags – sie wollte verhindern, dass Österreich der NATO und damit einem westlichen Militärbündnis beitritt (Kalter Krieg). War das Neutralitätsgesetz ursprünglich also eher eine Notwendigkeit, gilt es – gemeinsam mit dem Staatsvertrag – mittlerweile als wesentliches Gründungsdokument der Zweiten Republik.

Pluralität

Das Wort Pluralität kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Vielzahl. In weiterem Sinn – wie auf Station 6 in Zusammenhang mit gesellschaftlichen Meinungen – meint Pluralität Vielfalt: in einer Demokratie, die von Pluralität geprägt ist, können viele verschiedene Überzeugungen zu unterschiedlichen Themen parallel und friedlich nebeneinander existieren.

Das Atomkraftwerk Zwentendorf

Atomkraftwerk Zwentendorf
© Wikimedia Commons/GuentherZ

Seit Ende der 1960er Jahre war geplant, in Österreich ein Atomkraftwerk zu errichten. Immer mehr Menschen lehnten dies im Lauf der 1970er Jahre aber ab, 1978 wurde eine Volksabstimmung durchgeführt, die knapp gegen die Inbetriebnahme des Kernkraftwerks in Zwentendorf ausging – das bereits gebaut war. Spätestens seit dem Unfall im ukrainischen Kernkraftwerk Tschernobyl 1986 sind die Risiken der Atomkraft allgemein bekannt.

Die österreichische Umweltbewegung

Auch im Demokratie MOOC – Demokratiepolitische Bildung im Internet (DeMOOC), einem kostenfreien Online-Kurs zur Politischen Bildung, werden neue soziale Bewegungen wie die Umweltbewegung ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts diskutiert.

Anfang der 1980er Jahre gab ein geplantes Wasserkraftwerk im niederösterreichischen Hainburg Anlass für einen Kristallisationspunkt der Umweltbewegung. Im Mai 1984 präsentierte ein überparteiliches Personenkomitee das Konrad-Lorenz-Volksbegehren, das sich gegen den Kraftwerksbau im Donauauengebiet stellte. Zu den Mitgliedern gehörten u.a. der Schriftsteller Peter Turrini und der SPÖ-Abgeordnete Josef Cap. Politik wie auch Gewerkschaften unterstützten das Projekt, am Wiener Heldenplatz demonstrierten dafür im selben Monat 40.000 Bauarbeiter*innen. Nachdem im November mit ersten Arbeiten begonnen worden war, organisierte die österreichische Hochschüler*innenschaft einen „Sternmarsch“ nach Hainburg, nach dem einige hundert Personen vor Ort blieben und die Einstellung der Rodungsarbeiten erzwangen.

Nach Auseinandersetzungen zwischen Besetzer*innen und Polizist*innen, bei denen Menschen verletzt wurden, ließ die Regierung die Arbeit unterbrechen. Anfang 1985 führte eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zum Baustopp, seit 1996 gehört das Gebiet der Hainburger Au zum Nationalpark Donau-Auen.

Umwelt- und Energiepolitik hängen noch immer zusammen – fallen dir aktuelle Themen ein, die heute diskutiert werden?