Die Auseinandersetzungen um die Staustufe Hainburg sind neben dem AKW Zwentendorf ein Lehrbeispiel dafür, wie Neue Soziale Bewegungen die politische Landschaft veränderten. Auch hier gab es zunächst eine große Einigkeit der Sozialpartner, die durch eine Bewegung, die ihre Ziele auch durchsetzen konnte, von unten aufgebrochen wurde. Die Dramatik des Geschehens ist dazu geeignet, die Schüler*innen zu interessieren und zu einer Diskussion darüber anzuregen, wie weit Widerstand gehen darf, sie ist aber auch dazu geeignet, den Umgang der Massenmedien damit zu untersuchen. Die Schüler*innen können an den Filmbeispielen deutlich erkennen, dass hier nur Wirklichkeitsausschnitte transportiert werden, selbst wenn es sich um Zeit im Bild handelt – ein Format, dem man noch am ehesten zutraut „die Wahrheit“ zu berichten. Daran könnte sich eine weitere Sequenz anschließen, die in einer Diskussion der folgenden Fragen den Bogen zum Heute spannt: Welche Bewegungen gestalten heute in Österreich die Umwelt- bzw. Klimadebatte? Was sind Gemeinsamkeiten und Unterschiede der damaligen Ökologiebewegung zu heutigen Bewegungen wie Fridays for Future oder System Change not Climate Change? Welche Rolle haben klassische Medien heute im Schatten von Social Media in Bezug auf soziale Bewegungen? Für die Durchführung der Unterrichtssequenz empfiehlt es sich, dass jede*r Schüler*in einen eigenen Bildschirm zur Verfügung hat.
→ Zum Umgang mit TV-Nachrichten im Unterricht: Analyse von Nachrichtensendungen und Nachrichtenbeiträgen im Unterricht
→ Zum Umgang mit (TV-)Dokumentationen im Unterricht: Analyse einer politischen (TV-)Dokumentation im Unterricht
Arbeitsaufgaben für Schüler*innen
Die Österreichische Donaukraftwerke AG wollte bei Hainburg ein Wasserkraftwerk errichten. Die Genehmigungen lagen vor, doch Gegner des Baus besetzten die dortige Au, um Rodungen und Bauarbeiten zu verhindern. Am 19. Dezember 1984 kam es zu Zusammenstößen. Die Zeit im Bild berichtete darüber. Seht euch den Film an und erfüllt folgende Arbeitsaufgaben:
a) Schreibt einen kurzen Zeitungsbericht (etwa 100 Wörter) auf der Grundlage der Informationen, die der Film zum Thema bietet. (Einzelarbeit)
b) Beantwortet anschließend folgende Fragen (Gruppenarbeit):
- In welche zwei Abschnitte kann man den Film teilen?
- Welche Gefühle erwecken die ersten Einstellungen im zweiten Teil?
- Welche Gefühle erweckt das Schlussbild?
- Welche Kameraperspektive herrscht vor? Was wird damit bewirkt?
- Wie wird die Polizei dargestellt?
- Wie werden die Demonstrierenden dargestellt?
- Was erfahren wir über die Motive der Kraftwerksbefürworter*innen?
- Was erfahren wir über die Motive der Kraftwerksgegner*innen?
- Welchen Positionen wird im Film mehr Raum gegeben?
Der Film ist auf der Webseite der Österreichischen Mediathek online. Die Österreichische Mediathek (OeM) ist im Verband mit dem Technischen Museum Wien und hat sich zur Aufgabe gemacht das audiovisuelle Kulturerbe Österreichs für die Öffentlichkeit und für Wissenschaft und Bildung zugänglich zu machen.
Inhalt:
Am 19. Dezember 1984 fanden in der Stopfenreuther Au bei Hainburg Zusammenstöße zwischen Gegner*innen des Wasserkraftwerks Hainburg und Gendarmerie- und Polizeieinheiten statt. Polizei und Gendarmerie riegelten ein Gelände der Au ab, damit dort mit der Rodung der Bäume begonnen werden konnte. Die Kraftwerkgegner*innen versuchten die Absperrungen zu durchbrechen und die Baumaschinen aufzuhalten. Dabei wurden Demonstrant*innen und Polizist*innen verletzt. Es kam auch zu Verhaftungen.
ZiB 1 vom 19. Dezember 1984; Sprecher: Horst Friedrich Mayer
Redakteure des Filmbeitrags: Wolfgang Pav, Norbert Gollinger, Rainer Pilcik
Kamera: Josef Ettlinger, Peter Fleischmann, Herbert Schuler
Basiswissen zur ZiB 1 (Zeit im Bild 1) – ORF:
Die Zeit im Bild (mit mehreren Formaten: ZiB 1, ZiB 2, ZiB flash, etc.) ist seit Beginn des ORF ein fixer Bestandteil von dessen Informationsprogramm. Heute ist die ZiB 1, d.h. die Zeit im Bild um 19.30 Uhr, das meistgesehene Nachrichtenformat des ORF und zählt generell zu dessen reichweitenstärksten Sendungen.
Entsprechend des ORF-Gesetzes muss für „eine objektive Auswahl und Vermittlung von Informationen in Form von Nachrichten […], die Wiedergabe und Vermittlung von für die Allgemeinheit wesentlichen Kommentaren, Standpunkten und kritischen Stellungnahmen unter angemessener Berücksichtigung der Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen“ gesorgt werden.
Die Zeit im Bild wird um 19.30 Uhr zeitgleich in ORF 1 und in ORF 2 ausgestrahlt. In der ZiB 1 wird in
Doppelmoderation durch die Sendung geführt. Die ZiB galt lange Zeit als ein Nachrichtenformat, das als „traditionelle Sprechersendung“ bezeichnet wird. In solchen lesen die Sprecher*innen ihren Text (die Nachrichten), der die einzelnen Filmbeiträge einmoderiert, von einem Blatt ab oder sie lesen den vor dem Objektiv der Kamera ablaufenden Text. Diese Art des Nachrichtenformats galt als das glaubwürdigste. Mittlerweile fließen vermehrt Elemente unterhaltungsorientierter Formate ein (z.B.: Die Moderierenden bewegen sich frei im Studio und vertiefen die Information – unterstützt von selbst erklärenden Infografiken und
Videowalls).
Der ORF ist eine öffentlich rechtliche Rundfunkanstalt. Er finanziert sich vor allem durch Gebühren (neben Werbeeinnahmen), um seinen gesetzlich vorgegebenen Auftrag erfüllen zu können: Er hat den Auftrag zur Grundversorgung (muss im gesamten Bundesgebiet empfangen werden können) sowie zur politischen Unabhängigkeit. Eine Aufgabe des ORF als öffentlich rechtlicher Rundfunk ist es, gesellschaftliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Das heißt bei der Programmgestaltung auf die Bedürfnisse der Menschen Rücksicht zu nehmen. Dazu sind unter anderem anspruchsvolle Programme für alle Gesellschaftsgruppen, Diskussionen die die Vielfalt politischer Meinungen widerspiegeln wie auch die Aufarbeitung von Zeitgeschichte (filmisch und dokumentarisch) – auf Basis eines nachforschenden Journalismus
– zu zählen.
Webquests für die Schüler*innen: Kontextwissen erarbeiten
Die Schüler*innen sollen arbeitsteilig in Gruppen die angegebenen Materialien durcharbeiten, um besser über den Hintergrund des Konflikts Bescheid zu wissen; anschließend sollen sie die Ergebnisse vor der Klasse präsentieren:
Gruppe 1: Gebt einen Überblick über die Ereignisse rund um den Kraftwerksbau, indem ihr folgende Timelines durcharbeitet:
→ Die Auseinandersetzungen um den Bau des Donaukraftwerks Hainburg
Recherchiert zusätzlich, welche Parteien damals die Regierung bildeten.
Gruppe 2: Lest im Pressespiegel zu Hainburg je einen Zeitungsartikel von der Kronen Zeitung, dem Kurier, der Arbeiter Zeitung und der Presse. Versucht die Einstellungen der jeweiligen Zeitungen zum Thema herauszufiltern und gebt einen Überblick.
Gruppe 3: Wer waren die Befürworter*innen des Kraftwerksbaus? Welche Motive nannten sie für ihre Einstellung? Wen sahen sie auf ihrer Seite? Wen sahen sie als Gegner*innen? Wie charakterisieren sie diese? Antworten findet ihr unter folgenden Adressen:
→ Rede von Josef Hesoun, 17.5.1984:
→ Überblick zu den Ereignissen in der Hainburger Au (beachtet auch die Bilder am rechten Seitenrand)
Gruppe 4: Wer waren die Gegner*innen des Kraftwerksbaus? Welche Motive nannten sie für ihre Einstellung? Wen sahen sie auf ihrer Seite? Wen sahen sie als ihre Gegner*innen? Wie charakterisieren sie diese? Antworten findet ihr unter folgenden Adressen:
→ Reden von Peter Turrini, Hubert Gorbach, Josef Cap auf der „Konferenz der Tiere“,7.5.1984:
→ Stellungnahmen der Vertreter des Konrad-Lorenz-Volksbegehrens
Gruppe 5: Wie zuverlässig sind die Quellen?
Recherchiert mit Hilfe der angegebenen Linkliste, (1) wie viele Polizei- und Gendarmeriebeamte und (2) wie viele Demonstrierende an den Zusammenstößen am 19. Dezember 1984 beteiligt waren und (3) wie viele Personen anschließend auf dem Wiener Heldenplatz demonstrierten. Vergleicht dazu die genannten Quellen und notiert die genannten Zahlen. Schätzt zuvor ein, welche Quellen für euch am zuverlässigsten sind.
Links:
→ Pressespiegel zu Hainburg: Achtung, nicht jede Zeitung hat zu allen drei gesuchten Gruppen Zahlen veröffentlicht. Durchsucht die Zeitungsartikel nach Zahlen und notiert die Quellen der Zahlen, falls diese genannt werden:
Wiener Zeitung (S. 117), Kronen Zeitung (S. 104), Arbeiter Zeitung (S. 107), Volksstimme (S. 108), Kurier (S. 109 & 110), Salzburger Nachrichten (S. 114), Kleine Zeitung (S. 118), Die Presse (S. 120), Münchner tz (S. 123), Westdeutsche Zeitung (S. 123)
Arbeitsaufgabe für Schüler*innen: Bewertung des Eingangsfilms
Die Schüler*innen sollen folgende Fragen diskutieren:
- Wie objektiv ist der ORF-Film?
- Was wird berichtet, was nicht?
- Welche Interessen kommen zu Wort?
- Wie beeinflusst die Art der Darstellung die Meinung über das Geschehen?
Hainburg: Besetzung der Stopfenreuther Au zur Verhinderung des Baus des Wasserkraftwerks (0.26 min)
Quelle: ORF-Archiv
Arbeitsaufgabe für Schüler*innen
Die Schüler*innen sollen folgende Fragen zu dem angeführten Film beantworten:
- In welche drei Abschnitte kann man den Film unterteilen? Formuliere die Antwort in Stichworten.
- Beschreibe für jeden Abschnitt die Wirkung, die von Kamerafahrt und Kamerawinkel ausgeht (ruhig/bewegt, friedlich/aggressiv, geordnet/ungeordnet usw.).
- Welche Botschaft wird durch die Auswahl und Abfolge dieser drei Abschnitte vermittelt?
Arbeitsaufgabe für Schüler*innen: Ökologische Bewegungen heute
Sucht im Internet nach den Logos folgender ökologischer Gruppen / Bewegungen:
- DIE UMWELTBERATUNG
- Fridays for Future Austria
- GLOBAL 2000
- System Change, not Climate Change
Entscheidet euch in der Gruppe für zwei Bewegungen und versucht herauszufinden:
- Was sind ihre Ziele?
- Was sind ihre derzeitigen Aktivitäten?
- Was haben sie bis jetzt erreicht?
- Von wem bekommen sie Geld?
- Wie viele Mitglieder haben sie?
Vielleicht fallen euch noch weitere interessante Fragen ein.