Die Institutionen der EU

Eine Vielzahl von Institutionen ist in die Arbeit der Europäischen Union eingebunden. Der Europäische Gerichtshof, der Europäische Rechnungshof, die Europäische Investitionsbank, der Wirtschafts- und Sozialausschuss, der Ausschuss der Regionen, die Europäische Zentralbank – sie alle tragen zum Funktionieren der Gemeinschaft bei.

An der Beschlussfassung der Europäischen Union sind aber vor allem drei Organe beteiligt:

  • die Europäische Kommission
  • der Europäische Rat / der Rat der Europäischen Union
  • das Europäische Parlament

Die Europäische Kommission

Ein Portraitbild der Präsidentin der EU, Ursula van der Leyen.

Ursula von der Leyen ist Präsidentin der Europäischen Kommission 
© Unión Europea en Perú, Wikimedia Commons

Die Europäische Kommission setzt sich aus 27 Mitgliedern zusammen, dem*der Präsident*in der EU-Kommission sowie 26 Kommissar*innen. Jeder EU-Kommissar bzw. jede EU- Kommissarin kommt aus einem anderen der 27 Mitgliedsländer. Dennoch handeln die Mitglieder der Kommission unabhängig von den nationalen Regierungen und vertreten stattdessen die Gesamtinteressen der EU. Weisungen der Regierungen ihrer Herkunftsländer dürfen sie nicht annehmen. Ursprünglich war es vorgesehen, im Rahmen des Vertrags von Lissabon die Zahl der Kommissionsmitglieder zu verringern. Auf diese Weise wäre nicht mehr jedes Mitgliedsland in der Kommission vertreten. Das stieß jedoch auf Widerstand, was sich etwa in negativen Referenden über den Vertrag äußerte: 2005 wurde die damalige Fassung des Vertrags in Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden abgelehnt, eine überarbeitete Form 2008 bei einem Referendum in Irland. Nach einer weiteren Überarbeitung konnte dann im Herbst 2009 der Vertrag von Lissabon in Kraft treten. Eine Verkleinerung der Kommission ist derzeit nicht vorgesehen.

Ihren Sitz hat die Europäische Kommission in Brüssel. Dort tritt sie normalerweise einmal in der Woche zusammen. Jeder EU-Kommissar bzw. jede EU-Kommissarin ist für ein bestimmtes Aufgabengebiet zuständig. Ihre Funktion ist daher mit der eines Ministers oder einer Ministerin auf nationalstaatlicher Ebene zu vergleichen. Die Präsidentin der aktuellen EU-Kommission ist Ursula von der Leyen in Vertretung Deutschlands. Österreich wird durch den ÖVP-Politiker Johannes Hahn vertreten, der das Ressort „Haushalt und Verwaltung“ innehat. Das Europäische Parlament muss der Einsetzung der Kommission zustimmen und kann umgekehrt eine bestehende Kommission zum Rücktritt zwingen.

Aufgaben der Kommission

Die Europäische Kommission verfügt über das alleinige Initiativrecht im Gesetzgebungsprozess. Sie kann entweder aus eigenem Antrieb oder auf Aufforderung einer anderen EU-Institution, eines Mitgliedslandes oder auch einer Interessensvertretung tätig werden. Seit April 2012 können auch die Bürger*innen der Europäischen Union die Kommission dazu auffordern, einen Vorschlag zu einem bestimmten Thema auszuarbeiten. Dieses Instrument heißt Europäische Bürgerinitiative (EBI) und wird im Modul Direkte Demokratie auf dieser Website näher erklärt. Weiters ist die Kommission auch für die Durchsetzung des Europäischen Rechts zuständig. Sie ist daher das Exekutivorgan der EU und wacht über die Einhaltung der EU-Verträge. Auf internationaler Ebene vertritt sie die Anliegen und Interessen der Europäischen Union und tritt somit als „Sprachrohr“ der EU auf.

Familienfoto des Europäischen Rates 2022

Gruppenfoto des Europäischen Rates
© Europäischer Rat, 2022

Der Europäische Rat

Der Europäische Rat legt die allgemeinen politischen Leitlinien und Prioritäten der Union fest. Er besteht aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer, dem Präsidenten des Europäischen Rates (seit Dezember 2019 Charles Michel), der Präsidentin der Kommission (derzeit Ursula von der Leyen) und dem*der Hohen Vertreter*in für Außen- und Sicherheitspolitik (derzeit Josep Borrell). Der Europäische Rat tritt regulär vier Mal im Jahr zusammen, bei gegebenem Anlass können vom Präsidenten des Rats außerordentliche Tagungen einberufen werden. Der Europäische Rat ist das oberste politische Entscheidungsgremium der EU. Seine „Gipfeltreffen“ werden daher von den Medien meist intensiver beobachtet als andere EU-Aktivitäten.

Der Rat der Europäischen Union sowie der Europäische Rat werden gelegentlich mit dem Europarat verwechselt. Der Europarat ist jedoch keine EU-Einrichtung, sondern ein 1949 gegründeter Zusammenschluss von derzeit (2022) 46 Staaten, dessen Ziel es ist, die Menschenrechte zu schützen, gesellschaftliche Probleme gemeinsam zu lösen und die kulturelle Vielfalt Europas zu wahren. Der Sitz des Europarates ist in Straßburg.

Ein Organ mit vielen Gesichtern: der Rat der EU

Während der Europäische Rat aus den (stets gleichen) Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer besteht, tritt der Rat der EU (auch Ministerrat genannt) in verschiedenen „Kompositionen“ zusammen. Es treffen sich die jeweils inhaltlich zuständigen Minister aus allen Mitgliedsländern, um ein Thema zu beraten. Steht beispielsweise ein Thema der Wirtschaftspolitik auf der Agenda, so treffen sich die Wirtschaftsminister*innen der Staaten, um sich auf einen gemeinsamen Standpunkt zu einigen. Geht es jedoch um ein Thema aus dem Bereich Infrastruktur oder Verkehr, so treffen sich alle Infrastrukturminister*innen. Insgesamt gibt es zehn verschiedene Ministerräte:

  • Allgemeine Angelegenheiten
  • Auswärtige Angelegenheiten
  • Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz
  • Bildung, Jugend, Kultur und Sport
  • Justiz und Inneres
  • Landwirtschaft und Fischerei
  • Umwelt
  • Verkehr, Telekommunikation und Energie
  • Wettbewerbsfähigkeit (Binnenmarkt, Industrie, Forschung und Raumfahrt)
  • Wirtschaft und Finanzen

Im Unterschied zur (fixen) Präsidentschaft des Europäischen Rates werden die Ministerräte jeweils sechs Monate lang von einem Mitgliedsland geleitet. Dabei wird ein Turnus eingehalten, so dass alle Mitgliedsländer regelmäßig den Vorsitz des Rates übernehmen. Die jeweiligen Minister*innen des Vorsitzlandes leiten dann die Ratssitzungen und leisten auch inhaltliche Vorarbeit. Im Jahr 2021 hatten Portugal (erstes Halbjahr) und Slowenien (zweites Halbjahr) den Vorsitz inne, 2022 sind es Frankreich und Tschechien.

Der Rat beschließt eine Vorlage normalerweise einstimmig oder mit qualifizierter Mehrheit. Qualifizierte Mehrheit bedeutet, dass die Mehrheit der Staaten für einen Vorschlag stimmt; das wären 55 % oder anders ausgedrückt 15 von 27 Mitgliedsländer der EU. Zusätzlich müssen diese Länder auch 65 % der gesamten EU-Bevölkerung vertreten. Die Stimmen der einzelnen Länder sind dabei nicht gleich aufgeteilt, sondern variieren je nach geografischer Größe und Bevölkerungszahl in ihrer prozentuellen Gewichtung. Österreich verfügt beispielsweise über 1,98 %, während die größten Länder (Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien) jeweils über mehr als 10 %verfügen. Mithilfe des Abstimmungsrechners auf der Webseite des Europäischen Rats kann man sich die Stimmengewichtung der einzelnen Länder genauer ansehen.

Das Europäische Parlament

Seit 1979 wird das Europäische Parlament von den Bürgerinnen und Bürgern direkt gewählt. Alle fünf Jahre finden in den Mitgliedsstaaten der Union Wahlen zum EU-Parlament statt. Das Europäische Parlament verfügt über 705 Mitglieder – die Sitze wurden nach dem Austritt Großbritanniens neu verteilt. Österreich verfügt über 19 Sitze. Zum Vergleich: Deutschland entsendet 96 Mitglieder. Die Sitze im Europäischen Parlament werden degressiv proportional vergeben: Größere Staaten haben mehr Sitze als kleinere Staaten, allerdings verfügen bevölkerungsärmere Staaten über mehr Sitze pro Einwohner*in.

Das Bild zeigt Roberta Metsola an einem Rednerpult. Dahinter kann man die Flagge der EU erkennen.

Im Jänner 2022 wurde Roberta Metsola zur Präsidentin des Europäischen Parlaments gewählt.
CC-BY-4.0: © European Union 2022 – Source: EP, via Wikimedia Commons

Die Arbeitsweise des Europäischen Parlaments

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments heißen offiziell „Mitglieder des Europäischen Parlaments“ (MEP). Tritt das Parlament zusammen, sitzen seine Mitglieder nicht nach ihren Herkunftsländern geordnet, sondern sie finden sich in politischen Fraktionen zusammen. Die MEPs aus den unterschiedlichen Ländern schließen sich dabei mit anderen Abgeordneten zusammen, mit denen sie die meisten ihrer politischen Überzeugungen teilen. Im Europäischen Parlament finden sich Vertreter und Vertreterinnen ganz unterschiedlicher politischer Richtungen: Auch überzeugte Europaskeptiker*innen sitzen als gewählte Abgeordnete im Parlament.

Das Europäische Parlament hat drei Arbeitsorte: Seine Verwaltung sitzt in Luxemburg, die Plenartagungen der Abgeordneten finden dagegen im französischen Straßburg sowie gelegentlich in der belgischen Hauptstadt Brüssel statt. Die Parlamentsausschüsse kommen in Brüssel zusammen. Die regelmäßige Übersiedelung des gesamten Parlaments samt Mitarbeiter*innen, Akten etc. von Brüssel nach Straßburg und wieder zurück wurde und wird von vielen Seiten kritisiert. Besonders der Kostenfaktor, der Zeitaufwand sowie der „ökologische Fingerabdruck“ dieser Praktiken werden angeprangert. Die Mitgliedsstaaten der Union konnten sich bisher jedoch nicht auf einen alleinigen Sitz des Parlaments einigen.

Die regulären Plenarsitzungen in Straßburg finden zwölfmal im Jahr statt und dauern jeweils vier Tage. Gemeinsam mit dem Rat bildet das Parlament die gesetzgebende Gewalt in der EU. Daneben zählen auch die demokratische Kontrolle der anderen EU-Organe, die Bestätigung der Kommission sowie (ebenfalls zusammen mit dem Rat) die Haushaltsbefugnis zu den Aufgaben des Europäischen Parlaments.

Die Beschlussfassung der EU

Seit Inkrafttreten des Lissabonner Vertrages wurde das so genannte Mitentscheidungsverfahren in „ordentliches Gesetzgebungsverfahren“ umbenannt und damit zum Standardverfahren aufgewertet. In diesem Verfahren sind Parlament und Rat gleichberechtigte Partner. Das Initiativrecht für neue Rechtsvorschriften liegt bei der Europäischen Kommission. Diese leitet dem Parlament und dem Rat ihren Vorschlag zu. Wenn sich die beiden Institutionen nicht einigen können, so wird ein Vermittlungsausschuss einberufen, in dem Rat und Parlament mit gleich vielen Mitgliedern vertreten sind.

Die EU kann Richtlinien und Verordnungen verabschieden. In Richtlinien werden Ziele formuliert, die in der gesamten EU als bindend gelten, deren rechtliche Umsetzung aber von den einzelnen Nationalstaaten durchgeführt wird. Im Normalfall haben die EU-Mitgliedsstaaten etwa zwei Jahre Zeit, um die Richtlinien in die Praxis umzusetzen. Verordnungen gehören dagegen nach ihrem Inkrafttreten EU-weit zum geltenden Recht.

In Wirtschafts-, Steuer- und Landwirtschaftsfragen konsultiert der Rat neben dem Parlament auch den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie den Ausschuss der Regionen.