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Auguste Fickert

Frauenrechtlerin, Schriftstellerin, Lehrerin

geboren am 25. Mai 1855, gestorben am 09. Juni 1910

Auguste Fickert, von Beruf Lehrerin, war die Repräsentantin des radikalen Flügels der bürgerlichen Frauenbewegung in Österreich. Sie setzte sich für das Frauenwahlrecht und für eine Reform des Ehe- und Familienrechtes, für die Zulassung der Frauen zum Hochschulstudium, für die Schulreform und die Unentgeltlichkeit des Unterrichtes ein. Als 1888 den steuerzahlenden Frauen Niederösterreichs im Zuge der Eingemeindung von Vorstädten das Wahlrecht entzogen werden sollte, organisierte sie zusammen mit Marie Schwarz, der Präsidentin des Vereins Lehrerinnen und Erzieherinnen, zwei Protestversammlungen.

1893 gründete Auguste Fickert den Allgemeinen Österreichischen Frauenverein, ab 1897 war sie dessen Präsidentin. Der Allgemeine Österreichische Frauenverein war das Sammelbecken all jener Frauen, die sich fortschrittlich nannten. Von anderen Frauenvereinen unterschied sich der AÖF deutlich durch seine politischen Zielsetzungen. Mit seinen Stellungnahmen zu aktuellen sozialen Fragen (Hausgehilfinnen, Mutterschutz, Prostitution) trug er wesentlich zur Politisierung von Frauen bei. Auguste Fickert setzte sich auch für den Abbau von Klassenschranken ein und arbeitete fallweise mit Sozialdemokratinnen zusammen, obwohl sie großen Wert auf Unabhängigkeit legte.

1895 errichtete Auguste Fickert die erste Rechtschutzstelle für unbemittelte Frauen in Österreich. Um die Jahrhundertwende begann sie mit der Organisierung der Frauen im Staatsdienst, denn die Arbeitsbedingungen der neu eingestellten Telegrafistinnen und Postbeamtinnen waren skandalös. Auguste Fickerts letztes Werk war die Errichtung eines Einküchenhauses für berufstätige Frauen auf genossenschaftlicher Basis mit Zentralküche, Bibliothek und Gemeinschaftsraum („Heimhof“, 1911 eröffnet).

Die Schulbehörde hat gegen Auguste Fickert mehrere Disziplinarverfahren angestrengt wegen ihrer Kritik am Schulsystem sowie wegen „Religionsstörung“. Beispielsweise hatte sich Auguste Fickert mit der Begründung, dass es der durch die Verfassung garantierten Glaubensfreiheit widerspreche, öffentlich gegen den Schulgebets-Erlass ausgesprochen, der vorsah, vor dem Beginn und nach dem Ende des täglichen Unterrichts ein Schulgebet zu verrichten. In den diversen Disziplinaruntersuchungen wurde nie ihre fachliche Qualifikation, sondern immer nur ihr selbstbewusstes Auftreten kritisiert. Tatsächlich wurden ihr aber letztlich ihre Gehaltsansprüche gekürzt. Ausschlaggebend dafür dürfte ihr Austritt aus der katholischen Kirche gewesen sein. Eine im damaligen Österreich für eine Volksschullehrerin sehr mutige Tat.

Quellen

  • Feigl, Susanne (2000): Politikerinnen in Wien 1848-2000. Biographien. Wien, S. 14.
  • Flich, Renate (1990): Der Fall Auguste Fickert – eine Lehrerin macht Schlagzeilen. In: Wiener Geschichtsblätter. Verein für Geschichte der Stadt Wien. Wien.
  • Leon, Dora (1955): Auguste Fickert. In: Frauenbilder aus Österreich. Eine Sammlung von zwölf Essays. Wien. S. 51ff.