geboren am 25. März 1839, gestorben am 05. Mai 1936
Marianne Hainisch, geb. Perger, war die Vertreterin des gemäßigten Flügels der Frauenbewegung in Österreich und gehörte zu den engagiertesten Mitgliedern des Vereins für erweiterte Frauenbildung. Sie selbst wurde von Hauslehrern und in einer Privatschule unterrichtet. Mit 18 Jahren heiratete sie den Industriellen Michael Hainisch. Durch eine Freundin, deren Mann – ebenfalls Fabrikant – aus Krankheitsgründen die Familie nicht ernähren konnte, wurde ihr das Problem bewusst, dass Frauen des Bürgertums mangels Ausbildung keine Chance hatten, einen ihrer sozialen Stellung entsprechenden Beruf zu ergreifen. Damals wurde sie, wie sie selbst schreibt, zur „Frauen-Vorkämpferin“. Sie nahm sich des Problems an, Frauen der Mittelschicht vor der möglichen Verarmung zu schützen.
Bereits 1870 forderte Marianne Hainisch die Errichtung von Mädchengymnasien und die Zulassung von Frauen zum Hochschulstudium. Tatsächlich erfüllte sich der Wunsch Marianne Hainischs erst 22 Jahre später. 1892 wurde – auf Betreiben des Vereins für erweitere Frauenbildung – das erste Mädchengymnasium in Wien eröffnet.
Später setzte sich Marianne Hainisch auch für das Frauenstimmrecht und die Reformierung des Ehe- und Familienrechtes ein. Vor allem wollte sie nicht akzeptieren, dass Staat und Gesellschaft Frauen vom Zugang zu Bildungs- und Erwerbsmöglichkeiten ausschlossen. Die bessere Ausbildung der Mädchen war für sie die zentrale Forderung der Frauenbewegung. Bestehende Machtverhältnisse stellte sie jedoch nicht in Frage.
1902 gründete sie den Bund Österreichischer Frauenvereine (BÖF), der als Dachverband aller österreichischen Frauenorganisationen galt und dessen Präsidentin sie bis 1918 war. 1914 umfasste der BÖF 90 Vereine. Im selben Jahr übernahm Marianne Hainisch nach dem Tod Bertha von Suttners auch die Leitung der Friedenskommission des Bundes. Es gelang ihr auch, den Bund Österreichischer Frauenvereine in den Verein International Council of Women (ICW) einzubinden.
1929 initiierte Marianne Hainisch, sie war die Mutter von Michael Hainisch, dem ersten Bundespräsidenten der Republik Österreich, eine Frauenpartei, die aber nur kurze Zeit existierte. 1924 führte sie in Österreich – nach amerikanischem Vorbild – den Muttertag ein.
Quellen
- Bader‐Zaar, Brigitta (2006): Hainisch, Marianne (1839‐1936). In: De Haan, Francisca (u.a.): A biographical Dicitonary of Women’s Movements and Feminisms – Central, Eastern, and South Eastern Europe, 19th and 20th Centuries. New York. S. 173–177.
- Feigl, Susanne (2000): Politikerinnen in Wien 1848-2000. Biographien. Wien, S. 16.
- Königshofer, Michaela (2013): „Lehren wir sie vor allem denken!“ Marianne Hainisch und die Bildung zum Weibe. In: Ariadne. Haus und Hof. Geschlechterdiskurse im „Reich der Frau“. Nr. 63. S.
- Laessig, Hildegard (1949): Marianne Hainisch und die österreichische Frauenbewegung. Dissertation. Wien: Universität Wien.
- Teschl-Hofmeister, Christiane (2009): Marianne Hainisch (1839-1936) als Publizistin. Diplomarbeit, Universität Wien.