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Hildegard Burjan

Sozialpolitikerin, Ordensgründerin

geboren am 30.1.1883, gestorben am 11.6.1933

Hildegard Burjan, geb. Freund, besuchte in Berlin ein Lyzeum und legte 1903 in der Schweiz, wohin die Familie in der Zwischenzeit übersiedelt war, die Reifeprüfung ab. Im Anschluss daran studierte sie an der Universität Zürich Germanistik. Zwischendurch belegte sie in Berlin Vorlesungen in Staatsökonomie. Noch während ihrer Studienzeit heiratete sie. 1908 musste sie sich wegen einer lebensgefährlichen Nierenerkrankung etlichen Operationen unterziehen. Die Tatsache, dass sie überlebt hatte, und das selbstlose Wirken der im Spital tätigen Ordensschwestern dürften letztlich ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass sich Hildegard Burjan, die aus einer jüdischen Familie stammte, aber nicht religiös erzogen worden war, 1909 taufen ließ. Noch im selben Jahr übersiedelte sie mit ihrem Mann nach Wien.

1910 brachte Hildegard Burjan unter Lebensgefahr ihr einziges Kind, Elisabeth, zur Welt. Obwohl ihr persönlich materielle Sorgen fremd waren, war sie höchst sensibel für die Nöte anderer. Mit einer Vielzahl sozialer Initiativen versuchte sie, Not zu lindern und sogenannte Randgruppen in die Gesellschaft zu integrieren. Sie war aktiv in der Katholischen Frauenorganisation. 1912 gründete sie den Verband christlicher Heimarbeiterinnen und während des Ersten Weltkrieges den Verein „Soziale Hilfe für erwerbslose Frauen und Mädchen“.

Im Dezember 1918 wurde sie von der Christlichsozialen Partei in den provisorischen Wiener Gemeinderat delegiert. 1919 war sie die erste und einzige Frau der Christlichsozialen Partei in der Konstituierenden Nationalversammlung. Dort trat sie unter anderem für den Ausbau staatlicher Mädchenschulen und für die Schaffung von Frauenreferaten in den Ministerien (damals: Staatsämtern) für Inneres und für Unterricht ein.

Bereits 1920 beendete Hildegard Burjan ihre parlamentarische Tätigkeit. Mit ein Grund für ihren Rückzug aus der Politik war offenbar der zunehmende Antisemitismus, mit dem sie innerparteilich konfrontiert war. Der spätere Bundesminister für Heereswesen, Carl Vaugoin, soll vor der Nationalratswahl 1920 dezidiert erklärt haben, er ließe sich im Wahlkreis seines Wohnsitzes nicht mehr von einer „preußischen Sau-Jüdin“ verdrängen.

In der Folge widmete sich Hildegard Burjan vor allem dem Ausbau der von ihr 1918 gegründeten Caritas Socialis, einer Schwesternschaft neuen Stils, als deren Leiterin sie bis an ihr Lebensende fungierte. 1922 reaktivierte sie die Bahnhofsmission. Ihrem priesterlichen Freund und Berater Ignaz Seipel setzte sie mit der nach Plänen von Clemens Holzmeister gebauten Seipel-Gedächtniskirche, deren Bau sie initiierte, ein bleibendes Denkmal.

Quellen

  • Feigl, Susanne (2000): Politikerinnen in Wien 1848-2000. Biographien. Wien, S. 28.
  • Hauch Gabriella (1995): Vom Frauenstandpunkt aus: Frauen im Parlament 1919–1933. Wien.
  • Hauch, Gabriella (2009): Frauen bewegen Politik: Österreich 1848–1938. Innsbruck/Wien.
  • Holzer, Verena (2012): Frauen im Parlament: zur Relevanz der Repräsentation von Frauen in der Gesetzgebung. Diplomarbeit, Universität Wien.
  • Pinger, Claudia (2013): Dr. Hildegard Burjan – erste weibliche Abgeordnete der Christlichsozialen Partei. Diplomarbeit, Universität Wien.
  • Schödl, Ingeborg (2008): Hildegard Burjan. Frau zwischen Politik und Kirche. Wien.