Frauen dürfen erst seit Beginn des 20. Jahrhunderts studieren oder in der Politik tätig sein. Im Zuge der Französischen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts bildeten sich erste Frauenclubs, die sich für die Rechte von Frauen einsetzten (vgl. Universität Bielefeld). Doch erst im Laufe des 20. Jahrhunderts konnten die Frauen eines ihrer wichtigsten politischen Rechte durchsetzen: das allgemeine, gleiche Wahlrecht für alle Staatsbürger*innen. Dieses wurde in Österreich 1918 beschlossen und 1919 zum ersten Mal angewandt. Frauen durften nun an allen Wahlen als Wählerinnen oder zu Wählende teilnehmen (aktives und passives Wahlrecht).
Eine Timeline zur Entwicklung des Wahlrechts in Österreich ist hier abrufbar.
Dieser Link führt zu einer Karte, die einen Überblick über die Einführung des Frauenwahlrechts in europäischen Staaten gibt.
Damit waren allerdings nicht alle Missstände aus dem Weg geräumt, weswegen sich Frauen im 20. Jahrhundert weiterhin für faire Entlohnung, Abschaffung des Abtreibungsverbots und angemessene Arbeitsbedingungen einsetzten (vgl. Stadt Wien: Geschichte der Frauenrechte in Österreich).
Während des Zweiten Weltkriegs wurden Frauen aus politischen Gründen stark auf ihre Mutterrolle reduziert und wieder aus dem öffentlichen und politischen Leben verdrängt.
Im Zuge der österreichischen Familienrechtsreform in den 1970er Jahren wurde die Stellung des Mannes als formales Familienoberhaupt, dem alle anderen Familienmitglieder untergeordnet waren, beseitigt, das Patriarchat damit de jure abgeschafft. Auch wurde die Arbeit im Haushalt der bezahlten Erwerbstätigkeit gleichgestellt und als gleichwertiger Beitrag angesehen. Bis zu der Reform durften Ehemänner ihren Frauen verbieten, einer bezahlten Arbeit nachzugehen. Auch diese Regelung wurde während der SPÖ-Alleinregierungen in den 1970er Jahren abgeschafft.
Formal wurde die Gleichstellung von Mann und Frau in Österreich also erreicht – alle Gesetze gelten für Frauen und Männer gleichermaßen. Dennoch wird dies im Alltag oft nicht so umgesetzt, wenn man z.B. an die Aufteilung von Haushaltsarbeit, Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen oder auch die Verteilung von Teilzeit- und Vollzeit-Beschäftigung in Familien denkt. Auch herrschen nach wie vor Vorurteile und Stereotype über die gesellschaftliche Rolle von Frauen und Männern in den Köpfen vieler Menschen, was sich sowohl für Männer als auch Frauen negativ und diskriminierend auswirken kann.
Derzeit liegt der Fokus vieler Frauenrechtsbewegungen auf Themen wie Gewalt gegen Frauen, Gender Pay Gap, also Gehaltsunterschiede zwischen den Geschlechtern, und der Sexualisierung weiblicher Körper. Der 8. März, an dem der Internationale Tag der Frauen begangen wird, dient vielen Organisationen und Vereinen zum Anlass, jährlich ein anderes Frauenthema in den Fokus zu stellen und das Bewusstsein der Bevölkerung dafür zu stärken.
Es ist nicht eindeutig geklärt, warum der 8. März als Datum für den Internationalen Tag der Frauen ausgewählt wurde.
Ein möglicher Ursprung könnte der Prostest der Fabrikarbeiterinnen 1916/1917 in Petrograd (heute Sankt Petersburg, Russland) sein, der zum Ausbruch der Februarrevolution beitrug. Die Bevölkerung litt unter Hungersnot und Armut, weswegen es zu Unruhen und Streiks unter den Arbeiterinnen kam, die ihre Familien nicht mehr ernähren konnten. Auch männliche Arbeiter schlossen sich an, sodass am 25. Februar 1917 hunderttausend Demonstrant*innen auf die Straße gingen und den Rücktritt des Zaren (Zar = Bezeichnung für den russischen Kaiser) forderten. Die Polizei schritt mit Waffengewalt ein und tötete zahlreiche Menschen. Der Zar trat infolge der Proteste im Februar 1917 ab (vgl. von Hofen).
Hierbei muss bedacht werden, dass in Russland die julianische Zeitrechnung galt. Wird der – heute übliche – gregorianische Kalender verwendet, so fanden die Proteste nicht am 25. Februar, sondern am 8. März statt (vgl. von Hofen).
Weitere wichtige Ereignisse des 8. März stellen Streiks von Textil- bzw. Tabakarbeiterinnen in New York dar, die 1857 und 1908 stattfanden. Im März 1908 demonstrierten New Yorker Textilarbeiterinnen für mehr Rechte. So forderten sie das Frauenwahlrecht, bessere Arbeitsbedingungen wie beispielsweise kürzere Arbeitszeiten und höheres Entgelt und Arbeitsschutz.
Diese Häufung verschiedener Protestaktionen von Arbeiterinnen am 8. März stellt diesen Tag in das Licht der Frauenrechte und ihrer Entwicklungsgeschichte.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Stimmen der Frauen immer lauter: Sie forderten unter anderem Gleichberechtigung, Wahlrecht und faire Arbeitsbedingungen. Viele Vorreiterinnen kamen aus den USA, wo 1909 zum ersten Mal der Aktionstag für das Frauenwahlrecht begangen wurde. Die Idee eines solchen Tages wurde daraufhin auch bald in Europa populär. Bei der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen am 27. August 1910 wurde der Frauentag schließlich beschlossen. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf dem Frauenwahlrecht. Von nun an wurde der Internationale Frauentag in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Dänemark und den USA jährlich am 19. März begangen (vgl. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg).
Die deutschen Politikerinnen Clara Zetkin und Käthe Duncker waren die ersten Europäerinnen, die sich für einen Frauentag einsetzten. Beide stellen bedeutende Persönlichkeiten im Kampf für Frauenrechte dar (vgl. Sachslehner 2012: 88).
Für das Datum des ersten Frauentages fiel die Wahl auf den 19. März und somit auf den Folgetag eines sehr geschichtsträchtigen Datums. Der 18. bestand bereits als Gedenktag für die im Zuge der Märzrevolution 1848 in Berlin Gefallenen. Dadurch sollte der revolutionäre Charakter der Frauenbewegung betont werden (vgl. Zach 2003). Schließlich wurde 1921 bei der Zweiten Internationalen Konferenz kommunistischer Frauen in Moskau der 8. März als neues Datum für den Frauentag beschlossen.
In der Zeit des Nationalsozialismus war der Frauentag verboten. Stattdessen wurde der Muttertag propagiert, der auf die Rolle der Frau als Mutter fokussierte. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Tag wieder begangen und durch die Frauenbewegungen der 1960er und 1970er Jahre wieder populär gemacht. Die Forderungen der deutschen und österreichischen Frauen hatten sich seit der Einführung des Frauenwahlrechts 1918 gewandelt. Ab den 1960er Jahren rückte das Recht auf Schwangerschaftsabbruch in den Fokus (vgl. Stadt Wien a).
Heute dient der 8. März international als Anlass, um sich mit Frauenthemen und -rechten auseinanderzusetzen. Wichtige Aspekte sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten unter anderem der Gender Pay Gap, also die Einkommensschere zwischen Mann und Frau, und die Auseinandersetzung mit der Sexualisierung von Frauen. Der Internationale Frauentag erinnert daher an verschiedene historische und aktuelle Kämpfe der Frauen um ihre Rechte, wie beispielsweise das allgemeine Wahlrecht oder das Recht auf Abtreibung, und stellt auch heute noch die Forderung nach Gleichberechtigung und Anerkennung in verschiedenen Lebensbereichen. Der Internationale Frauentag gibt zudem Anlass, über die Stellung der Frau in verschiedenen Abschnitten der Geschichte zu reflektieren.
Der erste Frauentag am 19. März 1911 wurde von der Öffentlichkeit und von politischen Parteien unterschiedlich aufgenommen. So berichtete beispielsweise die Reichspost (eine Zeitung, die der Christlichsozialen Partei nahe stand) sehr negativ über den Frauentag, der von der sozialistischen Frauenbewegung eingeführt worden war. Andere Zeitungen, wie beispielsweise die Neue Freie Presse, betonten hingegen die großen Anhänger*innenschaft dieses Tages (vgl. Sachslehner 2012: 103). Auch die Salzburger Wacht bewarb noch am Vortag die Aktivitäten am Frauentag und appellierte an die Bürger*innen, daran teilzunehmen (vgl. Salzburger Wacht 1911: 1).
Eine zentrale Forderung, die im Kontext des Frauentages thematisiert wurde, war die Einführung des Frauenwahlrechts, weswegen der Tag in den Medien häufig auch als Frauenwahlrechtstag bezeichnet wurde. Doch setzten sich die Aktivist*innen am Frauentag auch für Anliegen wie faire Bezahlung, die Abschaffung des Abtreibungsverbots und den Mutterschutz ein. Der Andrang zu der Veranstaltung war so enorm, dass die Frauen bereits lange Schlangen vor dem Saal bildeten. Anschließend marschierten etwa 15.000 Aktivistinnen in einem Demonstrationszug über den Ring. Dabei handelte es sich allerdings nicht nur um Arbeiterinnen, sondern auch um Frauen aus dem bürgerlichen Milieu. Frauen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten und Berufen gingen am ersten Frauentag auf die Straße, um gemeinsam ihre Rechte einzufordern (vgl. Sachslehner 2012: 103).
Auch über die Einführung des 18. März als neuer Frauentag wurde in kommunistischen Zeitungen äußerst positiv berichtet (vgl. Zetkin 1922). Dies kann unter anderem auch damit begründet werden, dass jener Tag von der Zweiten internationalen Konferenz der Kommunistinnen zu Moskau beschlossen wurde.
Proletarische Frauen in Arbeiter*innenbewegungen und linken Parteien waren in der Frauenrechtsbewegung relativ stark vertreten, Frauen aus bürgerlichen Schichten hingegen waren typischerweise länger in konservativen Lebensentwürfen verhaftet, auch da jene Familien wohlhabend genug waren, um mit dem Gehalt des Familienvaters auszukommen. Damit waren diese Frauen häufig stärker auf die häusliche Sphäre beschränkt als Arbeiterinnen, die genauso wie Männer zum Einkommen beitragen mussten. Dadurch setzten sich Arbeiterinnen eher für das Aufbrechen von Rollenzuschreibungen und Emanzipation ein, womit die Einstellung politisch linker Zeitungen, deren Zielgruppe die Arbeiter*innenschaft war, zur Einführung des Frauentags erklärt werden kann (vgl. Rigler 1976: 37–38).
In der Zeit des Nationalsozialismus änderte sich der öffentliche und mediale Diskurs: Frauenrechte verloren an Bedeutung, Frauen wurden vor allem in die Rolle der Mutter gedrängt, die künftige Soldaten und vor allem zahlreiche „arische Kinder“ gebären und im Sinne der Partei großziehen sollten. Auch der Frauentag fand unter den Nationalsozialisten nicht mehr statt. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg erfuhr der Kampf für Frauenrechte wieder an Popularität und Zuspruch im gesellschaftlichen und medialen Diskurs in Deutschland und Österreich (vgl. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg).
- Schlüsselereignisse
Durch Schlüsselereignisse, die einem Zeitstrahl zugeordnet werden können, erhalten die Schüler*innen einen Überblick über die wichtigsten Meilensteine bis zur formalen Gleichberechtigung von Mann und Frau. Dazu können diese Schlüsselereignisse als Lose an die Schüler*innen verteilt und ein Zeitstrahl auf die Tafel gezeichnet werden. Nachdem jede*r Schülerin zum jeweiligen Ereignis recherchiert hat, werden die Ereignisse auf dem Zeitstrahl eingezeichnet und kurz von den Schüler*innen erläutert.
- Plakatarbeit
Durch eine Wahlplakatanalyse im Unterricht können die Schüler*innen an Quellenarbeit zum Thema Frauenwahlrecht herangeführt werden. Dabei können die Plakate verschiedener Parteien miteinander verglichen werden. Hilfreiche Plakate und Bildmaterial finden sich hier: https://www.onb.ac.at/forschung/ariadne-frauendokumentation/frauen-waehlet/die-frau-als-waehlerin-und-politikerin-1918-bis-1919/von-parteien-umworben
- Biografiearbeit
Die Schüler*innen entscheiden sich für eine bedeutsame Frau, die sich für die Frauenrechte einsetzte. Dafür kann die Lehrperson eine Liste an Namen zusammenstellen, aus denen die Schüler*innen wählen können. Um sich im Detail mit der gewählten Frau auseinanderzusetzen, schreiben die Schüler*innen ein fiktives Interview, in dem sie die Person befragen. Alternativ kann auch in Gruppenarbeit ein solches Interview ausgearbeitet werden, das anschließend vor der Klasse als Rollenspiel aufgeführt wird.
- Historische Zeitungen
Um einerseits die Kompetenz im Umgang mit Quellen zu verbessern und andererseits eine wichtige österreichische Rechercheseite kennenzulernen, eignet sich die Seite anno.onb.ac.at. Dort können die Schüler*innen mithilfe der Suche recherchieren, was historische österreichische Zeitungen über den Frauentag oder Frauenbewegungen im Allgemeinen schrieben. Die Ergebnisse sollen gemeinsam mit der Lehrperson mit der politischen Orientierung der Zeitung abgeglichen und kontextualisiert werden.
Weiterführende Links
Hilfreiche Unterrichtsideen und –materialien zum Thema Frauenrechte und Frauenbewegungen
Quellen
- 100jahrefrauentag.at: 100 Jahre Frauentag. www.100jahrefrauentag.at/ (19.01.2021).
- Arbeiter-Zeitung Nr. 79, 20. März 1911. https://anno.onb.ac.at/pdfs/ONB_aze_19110320.pdf (15.01.2021).
- Hofen, Mathias von: Zarenreich und Februarrevolution 1904-1916. Wie kam es zur Oktoberrevolution? www.lpb-bw.de/februarrevolution-1917 (19.01.2021).
- Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg: Internationaler Frauentag – 8. März. www.lpb-bw.de/08-maerz-frauentag (19.01.2021).
- Rigler, Edith (1976): Frauenleitbild und Frauenarbeit in Österreich vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg. Wien: Verlag für Geschichte und Politik Wien.
- Sachslehner, Johannes (2012): 365 Schicksalstage. Der Gedächtniskalender Österreichs. Wien/Graz/Klagenfurt: Styria premium.
- Salzburger Wacht (1911): Arbeitende Bevölkerung Salzburgs! (18.03.1922). https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=sbw&datum=19110318&seite=1&zoom=33&query=%22frauentag%22%2B%221911%22&ref=anno-search (15.01.2021).
- Stadt Wien a: Internationaler Frauentag. www.wien.gv.at/menschen/frauen/stichwort/politik/frauentag/#:~:text=Der%20Internationale%20Frauentag%20wird%20seit,M%C3%A4rz%20begangen (19.01.2021).
- Stadt Wien b: Geschichte der Frauenrechte in Österreich. www.wien.gv.at/menschen/frauen/pdf/geschichte-frauenrechte.pdf (19.01.2021).
- Universität Bielefeld: Geschichte der Gleichstellung – Chronik. www.uni-bielefeld.de/gendertexte/chronik.html/ (19.01.2021).
- Zach, Angelika (2003): Internationaler Frauentag. https://frauenmachengeschichte.at/internationaler-frauentag/ (19.01.2021).
- Zetkin, Klara (1922): Der Internationale kommunistische Frauentag. In: Die Rote Fahne 848 (16.02.1922). https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=drf&datum=19220216&seite=1&zoom=33&query=%22frauentag%22&ref=anno-search (19.01.2021).