Die Verteilung der Geschlechter in den einzelnen Berufssektoren weist Ungleichheiten auf, man spricht von einer horizontalen geschlechtsspezifischen Segregation. Das bedeutet, dass es Branchen mit einem überproportionalen Anteil an Frauen oder Männern gemessen an der Zahl der Beschäftigten gibt. Frauen stellen im Dienstleistungssektor, im Erziehungsbereich, im Gesundheits- und Sozialbereich die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten, während Männer nach wie vor im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich überproportional stark vertreten sind. Dies bedeutet, dass neben persönlichen Interessen und Begabungen nach wie vor traditionelle Rollenbilder die Berufswahl stark beeinflussen.
Gut sichtbar wird dies beispielsweise in der Wahl der beliebtesten Lehrberufe (die folgenden Zahlen beziehen sich auf 2020): Während Mädchen vorwiegend Einzelhandel (22,0 Prozent), Bürokauffrau (9,9 Prozent) und Friseurin/Stylistin (8,0 Prozent) wählen, sind bei den Buben Metalltechnik (13,0 Prozent), Elektrotechnik (12,2 Prozent) und Kraftfahrzeugtechnik (9,8 Prozent) am beliebtesten (Prozentzahlen jeweils bezogen auf die Gesamtanzahl weiblicher/männlicher Lehrlinge 2020, vgl. WKO 2020).
Auch an der Universität Wien waren 2018 zwar 75 Prozent der Master- und Diplomstudien in den Geistes- und Kulturwissenschaften weiblich (vgl. Universität Wien 2018: 119), aber nur 41 Prozent in den Formal- und Naturwissenschaftlichen Studien (vgl. ebd.: 128). Einen sehr hohen Frauenanteil hat die Translationswissenschaft mit 93 Prozent, direkt gefolgt von der Psychologie (83 Prozent); der Männeranteil überwiegt in der Physik noch immer mit 86 Prozent und sehr deutlich auch in der Informatik mit 82 Prozent (vgl. ebd.).
An der gläsernen Decke, in der gläsernen Box und vor der Firewall
Nicht nur in den Branchen, auch in den Positionen am Arbeitsmarkt sind Frauen und Männer nach wie vor ungleich verteilt: In diesem Zusammenhang wird von einer vertikalen Segregation gesprochen, also einer ungleichen hierarchischen Stellung von Frauen und Männern im Erwerbsleben. In punkto Schul- und Studienerfolg gibt es mittlerweile mehr Absolventinnen als Absolventen, im Berufsleben stoßen Frauen beim Aufstieg auf der Karriereleiter jedoch oft an die sogenannte gläserne Decke: Diese Metapher beschreibt das Phänomen, dass obwohl Frauen bezüglich Ausbildung und Erwerbstätigkeit aufgeholt haben, sie in den Bereichen ohne Quotenregelungen auffallend gering vertreten sind. Nicht nur in der Privatwirtschaft, auch im öffentlichen Sektor, beispielsweise an den Universitäten, wird der Frauenanteil geringer je höher die Positionen sind: Im Studienjahr 2019/20 waren 55 Prozent der Studierenden weiblich (Statistik Austria 2020a), bei den Lehrenden, Assistent*innen und sonstigem wissenschaftlichen und künstlerischen Personal sind es noch 44 Prozent, unter den Professor*innen sind aber nur noch 26 Prozent Frauen (Statistik Austria 2020b). Derzeit werden die 22 österreichischen Universitäten durch sechs weibliche und 16 männliche Rektor*innen vertreten, das entspricht einem Frauenanteil von rund 27 Prozent (Stand Mai 2021, vgl. UNIKO 2021). Für die Kollegialorgane der Universitäten gilt seit Jänner 2015 eine gesetzliche Mindestquote an weiblichen Mitgliedern von 50 Prozent (für Details zur Umsetzung siehe hier: BMWFW).
Solche Quotenregelungen, also befristete Maßnahmen, die helfen sollen, den – sich offensichtlich selbst erhaltenden – Kreislauf geringer Frauenanteile in höheren Entscheidungspositionen zu durchbrechen, werden seit einigen Jahren vermehrt auch in anderen Bereichen eingesetzt. Seit 2018 gilt in Österreich eine verbindliche Quote von mindestens 30 % Frauen in den Aufsichtsratsgremien großer und börsennotierter Unternehmen. „Dass die Quote wirkt, zeigt die Entwicklung in den Aufsichtsräten. In den quotenpflichtigen Unternehmen beträgt der Frauenanteil mittlerweile rund 32 Prozent“, so Christina Wieser, Betriebswirtin in der AK Wien und langjährige Autorin des AK Frauen.Management.Report (zit. n. AK Wien 2021: 2).
Dass sich ohne Frauenquoten wenig tut, ist auch in Branchen zu beobachten, die einen höheren Anteil an weiblichen Beschäftigten aufweisen. Dabei wird auch von einer gläsernen Box gesprochen, da Frauenanteile in Unternehmen und Branchen oft auf bestimmte Tätigkeitsfelder beschränkt bleiben, wie etwa Personalwesen, Sekretariat und Buchhaltung.
Beruflicher Aufstieg wird von vielen Faktoren beeinflusst, einer davon stellt die gezielte Teilnahme an sozialen Netzwerken und die strategische Vermarktung der eigenen Leistung vor den Entscheidungsträger*innen dar, welche eine geschlechtsspezifische Prägung aufweisen kann. Diese Barriere wird auch als Firewall bezeichnet, und Frauen finden sich auf der Karriereleiter dadurch öfter gebremst als ihre männlichen Kollegen (vgl. Heitzmann 2006).