Wie reagiert die Zivilgesellschaft?

Der Zivilgesellschaft kommt in Hinblick auf das Thema digitale Zivilcourage eine wichtige Rolle zu. Zusätzlich zur rechtlichen und politischen Ebene braucht es eine gesellschaftspolitische Auseinandersetzung, die möglichst viele Akteur*innen mit einbezieht und die wiederum Motor für rechtliche und politische Entwicklungen sein kann.

 

Österreichische Initiativen/Best practice-Beispiele

In Österreich sind verschiedene Initiativen aktiv, um negativen Entwicklungen im Bereich des Internets und Sozialer Medien entgegenzutreten beziehungsweise Partizipation online zu fördern.

 

Im Working Paper kommen einige Organisationen, die in diesem Bereich tätig sind, in Form eines Q & A zu Wort:

 

  • Initiative #aufstehn
    #aufstehn ist eine neue Form der zivilgesellschaftlichen Kampagnenorganisation, die sich für progressive Politik, soziale und ökonomische Fairness und ökologische Verantwortung einsetzt.

 

  • Bundesjugendvertretung
    Die Bundesjugendvertretung ist die gesetzlich verankerte Interessenvertretung aller Kinder und Jugendlichen in Österreich. Die Bundesjugendvertretung umfasst 54 Mitgliedsorganisationen und hat   sozialpartnerschaftlichen Status in Jugendfragen.

 

  • Verein mimikama
    Mimikama ist ein gemeinnütziger Verein und eine internationale Koordinationsstelle zur Bekämpfung von Internetmissbrauch sowie eine zentrale Anlaufstelle für Internetuser*innen, die verdächtige Internetinhalte melden möchten. Mimikama befasst sich mit Falschmeldungen, Abofallen, Spam, Fake-Gewinnspielen, schädlichen Links, Phishingmails uvm.

 

  • ZARA – Zivilvourage und Anti-Rassismus-Arbeit
    ZARA wurde im Jahr 1999 mit dem Ziel gegründet, Zivilcourage und eine rassismusfreie Gesellschaft in Österreich zu fördern sowie alle Formen von Rassismus zu bekämpfen. Die Anti-Rassismus-Arbeit beruht auf drei Säulen: Beratung, Prävention und Sensibilisierung der Öffentlichkeit. Zivilcourage beginnt mit Wahrnehmung und Verantwortungsgefühl und mündet in zivilcouragiertes Handeln. Dies bedeutet nach der Definition von ZARA, den Mut zu haben, sich für jemanden, dem Unrecht geschieht, einzusetzen – dies kann das Risiko eigener Nachteile beinhalten und unter Umständen den gesellschaftlichen und staatlichen Regeln oder Tendenzen zuwiderlaufen.

Internationale Initiativen

Gerade weil das Internet nicht an Grenzen gebunden ist, ist die internationale Vernetzung von Initiativen ein wichtiges Element, um negative Entwicklungen im Online-Bereich zu bekämpfen. Nachfolgend findet sich eine exemplarische Auswahl an Akteur*innen und Netzwerken, die sich dem Thema auf internationaler Ebene widmen. Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Das internationale Netzwerk INACH (International Network against Cyber Hate) vernetzt derzeit 18 europäische und außereuropäische Online-Beschwerdestellen. INACH hat 2016 eine erschreckende Dokumentation von Fällen von Hass im Netz, der sich gegen geflüchtete Menschen richtet, herausgegeben: „Kick them back into the sea“ – Online hate speech against refugees (vgl. INACH 2016). Der Bericht basiert auf Daten von sechs Ländern – Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland, Niederlande und Spanien –, in denen die Mitgliedsorganisationen von INACH gemeinsam am EU-Projekt Research – Report – Remove: Countering Cyber Hate Phenomena arbeiten. Im Rahmen dieses Projekts ist ein noch umfassenderer Bericht über verschiedene Formen von Cyber Hate geplant.

Das europäische Netzwerk INSAFE, von der Europäischen Kommission im Rahmen des Safer Internet-Programms mitbegründet, ist ein Netzwerk aus Organisationen aus 27 Ländern, das sich vor allem um die sichere Nutzung des Internets für Kinder und Jugendliche bemüht. Teil des Safer Internet-Programms sind die Safer Internet Center in 30 europäischen Ländern. Das Safer Internet Centre Austria besteht aus Saferinternet.at, Stopline Österreich (Meldestelle gegen Kinderpornografie und nationalsozialistische Wiederbetätigung) und 147 – Rat auf Draht. Seit dem Beschluss der European Strategy to make the internet a better place for kids im Jahr 2012 wird das Safer Internet-Programm als Better Internet for Kids (BIK) bezeichnet. Das Netzwerk INSAFE ist bekannt durch die Organisation des weltweiten, jährlichen Safer Internet Day.

Eine weitere Initiative ist das No Hate Speech Movement, das 2013 in Form einer Kampagne vom Europarat ins Leben gerufen wurde. Es handelt sich dabei um ein Projekt von jungen Menschen für junge Menschen. Ziel des No Hate Speech Movement ist es, Hassrede zu bekämpfen, indem Jugendliche dazu mobilisiert werden, sich online aktiv für Menschenrechte und Demokratie einzusetzen und die Akzeptanz von Hass im Netz zu reduzieren. Mittlerweile wird das No Hate Speech Movement in 40 Staaten von Organisationen und Jugendlichen getragen, um Hetze und Hass online entgegenzutreten (vgl. coe.int). Das No Hate Speech-Komitee Österreich wurde im Juni 2016 gegründet – vertreten sind darin staatliche AkteurInnen sowie Nichtregierungsorganisationen (vgl. nohatespeech.at).

Klicksafe.de ist eine Initiative der Europäischen Kommission für mehr Sicherheit im Netz. Sie hat zum Ziel, Medienkompetenz im Internet und in den neuen Medien zu fördern. Vor allem soll eine sichere Nutzung des Internets durch Kinder und Jugendliche ins öffentliche Bewusstsein gerückt und verbessert werden.

Bei netzpolitik.org handelt es sich um eine deutsche Plattform für digitale Freiheitsrechte, die sich neben Themen wie Datenschutz und Netzneutralität u.a. auch dem Thema Digitalkultur widmet.

Ein weiteres Beispiel aus Deutschland ist Jugendschutz.net, das deutsche Kompetenzzentrum für den Jugendschutz im Internet. Die Organisation ist auch Partner von internationalen Projekten wie dem oben erwähnten Bericht des Netzwerks INACH, „Kick them back into the sea“. Hass im Netz ist ein Angebot in Bezug auf politischen Extremismus bei jugendschutz.net.

Bei Respectzone.org handelt es sich um eine Initiative, die in Frankreich mit dem Ziel gegründet wurde, respektlosen Umgang im Netz zu bekämpfen. Mit der Annahme der Charta und der Kennzeichnung der eigenen Website oder des eigenen Social Media-Profils, können Personen oder Organisationen ihre Internet-Seite als Respektzone deklarieren. Damit verpflichten sie sich unter anderem, nur Inhalte zu veröffentlichen, die niemandem schaden und die Seite zu moderieren, indem respektlose Beiträge entfernt werden oder ihnen widersprochen wird.

Abseits von Netzwerken und Organisationen sind es gerade auch einzelne Kampagnen wie jene des No Hate Speech Movements, die in der Vergangenheit größere Reichweiten erzielen und so zu einer weiteren Sensibilisierung beitragen konnten. Dabei spielten auch bekannte (Internet)persönlichkeiten eine nicht unwesentliche Rolle. So warb beispielsweise die Kampagne Nichtegal, die von YouTube beziehungsweise Google initiiert wurde, für einen respektvollen Meinungsaustausch im Netz. YoutuberInnen riefen in ihren Beiträgen zu Toleranz und Respekt auf. Gestartet wurde die Initiative u.a. durch das Mentor*innenprogramm Digitale Helden, das in Workshops an deutschen Schulen Mentor*innen ausbildet.