Antisemitismus

Antisemitismus ist ein problematischer Begriff, der erstmals in den 1870er Jahren von dem deutschen Journalisten und rassistischen Ideologen Wilhelm Marr erfunden wurde, um den von ihm selbst propagierten „überkonfessionellen“ Hass auf Juden und das Judentum zu beschreiben. Der Begriff war zu dieser Zeit neu, da seine Befürworter die Juden und Jüdinnen nicht mehr aus religiösen Gründen ablehnten, sondern aus sozialen, wirtschaftlichen, politischen oder „rassischen“ Erwägungen. Der Begriff selbst geht auf die Unterscheidung von Sprachen mit „arischen“ und „semitischen“ Wurzeln zurück, was zu der falschen Annahme führte, dass es entsprechende Rassengruppen gibt. In diesem Sinne wurden die Juden und Jüdinnen zu „Semiten“ und ebneten so den Weg für Marrs Verwendung. Der offensichtlich wissenschaftlichere Begriff Antisemitismus setzte sich durch und wurde schließlich zu einer Bezeichnung für alle Formen der Feindseligkeit gegenüber Juden im Laufe der Geschichte.

Jean-Paul Sartre (1945) beschreibt Antisemitismus als „…eine Verbindung aus Weltanschauung und Leidenschaft, eine grundlegende Haltung zur Welt, mit der sich diejenigen, die ihn als Weltbild teilen, alles in Politik und Gesellschaft, das sie nicht erklären und verstehen können oder wollen, zu begreifen versuchen. Antisemitische Einstellungen sind geprägt von einer wechselseitigen Durchdringung von bestimmten, gegen Jüdinnen und Juden gerichteten Ressentiments und einer hohen Affekthaftigkeit, die vor allem von Projektion, kognitiver Rigidität, Faktenresistenz und Hass geprägt ist. Der Antisemit glaubt sein Weltbild nicht obwohl, sondern weil es falsch ist: es geht um den emotionalen Mehrwert, den der antisemitische Hass für Antisemit(inn)en bedeutet. Auch Adorno (1951) beschreibt Antisemitismus „als kognitives und emotionales System [abzielend] auf einen weltanschaulichen Allerklärungsanspruch.“

Quellen: CLIO 2021https://www.bpb.de/politik/extremismus/antisemitismus