Schweigespirale

Die Theorie der Schweigespirale wurde von Elisabeth Noelle-Neuman entwickelt. In diesem Modell werden verschiedene sozialpsychologische und kommunikationswissenschaftliche Ansätze integriert. Im Wesentlichen wurde die Theorie aber als Medienwirkungstheorie entwickelt und auch rezipiert. Ausgangspunkt ist die Isolationsflucht des Individuums, das die Anerkennung anderer sucht und die Ablehnung durch andere vermeiden möchte. Zu diesem Zweck beobachtet das Individuum ständig seine Umwelt, um zu sehen, wie sich das Meinungsklima entwickelt. Dazu bedient es sich zweier Quellen: seiner unmittelbaren Umwelt und den Massenmedien. Das Ergebnis der Umweltbeobachtung bestimmt das Verhalten, insbesondere die Redebereitschaft. Personen, die meinen zur Mehrheit zu gehören, sind bereit sich öffentlich zu äußern und sich zu ihrer Meinung zu bekennen; die, die sich in der Minderheit sehen, schweigen eher. Diese unterschiedliche Redebereitschaft führt zu einer unterschiedlichen Sichtbarkeit des Meinungslagers. Die vermeintliche Mehrheit erscheint größer als sie ist, die Minderheit kleiner als effektiv der Fall. Dadurch werden sich immer mehr der scheinbaren Mehrheit anschließen und sich immer weniger zur Minderheit bekennen. Die Schweigespirale ist in Gang gekommen, wobei die Massenmedien als Quelle der Umweltbeobachtung auf diesen Prozess einwirken über ihre Darstellung von Zustimmung oder Ablehnung das Meinungsklima beeinflussen können. Die Theorie der Schweigespirale ist zum Teil heftig kritisiert worden – u.a. weil sie als Kernthese von einer Schweigetendenz der Minderheit ausgeht. Die Ergebnisse empirischer Überprüfungen sind uneinheitlich.

(Quelle: Jarren, Ottfried / Sacrinelli, Ulrich / Saxer, Ulrich (Hg.), Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft. Ein Handbuch, Westdeutscher Verlag, Opladen/Wiesbaden 1998, 722)