Mehrdeutiger Begriff, mit dem im psychologischen, soziologischen und pädagogischen Sprachgebrauch vor allem vorgefasste, gefühlsbeladene negative Urteile über Gruppen gemeint sind, welchen die Urteilenden nicht angehören. In solchen Vorurteilen – die gelernt werden – werden allen zu einer Fremdgruppe gezählten Personen klischeehaft und stereotyp gleiche Eigenschaften zugeschrieben. Dabei kann es sich um reale soziale Gruppen (z. B. alle Mitglieder der Familie X), um reine Merkmalsgruppen (z. B. alle Frauen, alle Menschen einer Hautfarbe) oder um äußerlich schwer oder gar nicht identifizierbare Personengruppen (z. B. die Katholik*innen) handeln. Vorurteile können Klein- oder Großgruppen, im sozialen Nahraum wahrnehmbaren sowie auch dort gar nicht vorhandenen, mithin ganz fremden oder völlig fiktiven, Gruppen (z. B. dem „Weltjudentum“) gelten. Sie werden vielfach als Bestandteile einer verfestigten Einstellungs- und Persönlichkeitsstruktur, des „autoritären Charakters“, verstanden. Vorurteile können jedoch auch ganz unabhängig davon in Gruppen erzeugt und verbreitet werden, wenn diese mit anderen Gruppen konkurrieren oder in Konflikt geraten. Vorurteile erzeugen nicht nur Konflikte, sondern Konflikte erzeugen auch Vorurteile. Diese finden nicht zuletzt dort Resonanz, wo die eigene Gruppe wegen einer Fremdgruppe tatsächlich oder vermeintlich irgendwelche Nachteile erleidet.
Quelle:
Lexikon zur Politischen Bildung, Bd. 1, S. 257f.
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/9680/was-sind-vorurteile/ (Stand 02.03.2022)