Dokumente der Vereinten Nationen
Entscheidend für die Verankerung der Menschenrechte im internationalen Recht war die Erfahrung des Zweiten Weltkrieges, der auch als Folge der ungelösten Probleme im Zusammenhang mit zwischenstaatlichen Minderheitenschutzbestimmungen unter der Ägide des Völkerbunds nach dem Ersten Weltkrieg gesehen wurde. Die internationale Kodifizierung sollte der Staatengemeinschaft Mittel in die Hand geben, Verbrechen wie jene des Nationalsozialismus in Zukunft zu verhindern, und gleichzeitig die Probleme von staatenlosen Flüchtlingen, die durch nationale Grundrechtskataloge nicht geschützt wurden, lindern. Erstmals wurden nun Individuen zu Subjekten des internationalen Rechts, das sich zuvor nur auf Staaten bezogen hatte. Bereits in ihrer Gründungscharta von 1945 bekennt sich die United Nations Organization (UNO) zum Schutz der Menschenrechte. Mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Text der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte) von 1948 legte die UNO einen umfassenden Katalog vor, der – obwohl nicht rechtsverbindlich – das wohl einflussreichste Dokument in der Entwicklung der Menschenrechte darstellt. In Artikel 19 hält die Erklärung fest:
„Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.“ (zit. nach ebd.)
Im Unterschied zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sind die beiden 1966 beschlossenen Pakte über bürgerliche und politische Rechte sowie über soziale, ökonomische und kulturelle Rechte völkerrechtlich verbindlich. Die Aufteilung in zwei Dokumente ist der weltpolitischen Situation des Kalten Krieges geschuldet. Während sich die liberalen Demokratien auf den ersten Pakt konzentrierten, der „klassische“ bürgerliche Rechte – vorrangig Abwehrrechte gegenüber dem Staat, zu denen auch die Meinungsfreiheit zählt – definiert, forderten die realsozialistischen Staaten die Ausweitung des Menschenrechtsgedankens auf (kollektive) Rechte im ökonomischen Bereich, die gleichzeitig mit autokratischen Herrschaftssystemen kompatibel bleiben sollten. Beide Pakte traten erst nach 10 Jahren in Kraft, nachdem die erforderliche Anzahl von Staaten die Pakte ratifiziert hatte. Österreich hat die Bestimmungen beider Dokumente 1978 in nationales Recht übernommen und auch das Zusatzprotokoll zum Pakt über bürgerliche und politische Rechte, das dem Menschenrechtskomitee der Vereinten Nationen die Möglichkeit einräumt, auch Beschwerden von Individuen und nicht nur solche von Staaten zu behandeln (weitere Informationen auf der Website des Bundeskanzleramtes). Für den Pakt über soziale, ökonomische und kulturelle Rechte gibt es keine derartigen Durchsetzungsmöglichkeiten, er formuliert eher Zielvorstellungen staatlicher Politik. Zahlreiche weitere UN-Abkommen dienen dem Schutz bestimmter besonders gefährdeter Gruppen oder der Eindämmung konkreter Verletzungen der Menschenrechte, wie etwa die Konventionen gegen Rassendiskriminierung (1965) (zum Begriff Rassendiskriminierung), Folter (1984) und Kinderrechte (1989) (weitere Informationen auf der Website des Regionalen Informationszentrums der UNO in Brüssel).
Europarat
Für die Entwicklung der Menschenrechte in Europa ist die vom Europarat 1950 beschlossene Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) von überragender Bedeutung (Text der EMRK), weil sie mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) über ein – auf übernationaler Ebene sonst unerreichtes – wirksames Durchsetzungsinstrument verfügt. Österreich hat die EMRK 1958 in nationalstaatliches Recht übernommen, seit 1964 steht sie im Verfassungsrang. Sowohl Staaten wie auch Privatpersonen oder NGOs können nach Ausschöpfung des nationalen Instanzenzuges vor den EGMR ziehen, dessen Urteile für die Mitgliedsstaaten bindend sind und beispielsweise eine Änderung diskriminierender Gesetze erzwingen – ein bekanntes Beispiel dafür ist das jahrelange Tauziehen um die Abschaffung des österreichischen § 209, der für männliche homosexuelle Beziehungen andere „Schutzalter“-Bestimmungen vorgab als für heterosexuelle oder lesbische Beziehungen. Außerdem kann der EGMR Beschwerdeführer*innen auch Schadenersatz zugestehen. Bezüglich der Meinungs- und Pressefreiheit trifft EMRK Artikel 10 mehr Einschränkungen als die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UNO, an die er direkt anknüpft:
„1. Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Dieser Artikel hindert die Staaten nicht, für Radio-, Fernseh- oder Kinounternehmen eine Genehmigung vorzuschreiben.
2. Die Ausübung dieser Freiheiten ist mit Pflichten und Verantwortung verbunden; sie kann daher Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale Sicherheit, die territoriale Unversehrtheit oder die öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral, zum Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung vertraulicher Informationen oder zur Wahrung der Autorität und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung.“
In der Praxis zeigte sich, dass der EGMR die Meinungsfreiheit tendenziell großzügiger auslegt als die österreichische Rechtsprechung; wiederholt wurden Urteile österreichischer Gerichte von Journalist*innen vor dem EGMR erfolgreich angefochten.
Europäische Gemeinschaften / Europäische Union
Anders als der bereits 1949 gegründete Europarat, dem heute 47 Staaten angehören und für den die Wahrung und der Ausbau der Menschenrechte zu den zentralen Aufgaben gehören, wurden die Europäischen Gemeinschaften, aus denen sich die Europäische Union entwickeln sollte, in erster Linie als wirtschaftlicher Zusammenschluss konzipiert. Dennoch erließ auch die EU grundrechtsrelevante Regelungen, die von den Mitgliedsstaaten unmittelbar angewendet werden müssen. Auch die EMRK wird als Teil des Rechtsbestandes der EU anerkannt. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wurden die in den Römer Verträgen von 1957 fixierten vier Freiheiten – Freiheit des Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs – ebenfalls zur Basis subjektiver Rechte. Einen wichtigen politischen Schritt für den Einigungsprozess der EU setzte 1992 der Vertrag von Maastricht, der eine Unionsbürgerschaft einführte. Dadurch sind EU-Bürger*innen bei Kommunal- und Europaparlamentswahlen im ganzen Unionsgebiet wahlberechtigt. Mit den 1993 beschlossenen Kopenhagener Kriterien wurde die Achtung der Menschenrechte auch zur Bedingung für die Aufnahme eines Staates in die EU. Das neueste Dokument der EU im Bereich der Menschenrechte ist die am 7. Dezember 2000 proklamierte Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die auch Teil der geplanten EU-Verfassung hätte werden sollen und damit Rechtsverbindlichkeit erlangt hätte. Auch hier wird in Artikel 11 die Meinungsfreiheit analog der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 definiert:
„Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit
(1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.“
Zusätzlich nimmt die Charta explizit auf die Medien Bezug:
„(2) Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.“
Seit 2001 müssen neue Rechtsakte der Union die formelle Erklärung beinhalten, dass sie mit den „Grundrechten in Einklang“ stehen und die Grundsätze beachten, die „insbesondere in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt sind“.
Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon 2009 wurde die Charta der Grundrechte der Europäischen Union rechtskräftig.